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Führungsstärke oder Projektmanagement-Wissen - was ist wichtiger?

Führungsstärke oder Projektmanagement-Wissen – was ist wichtiger?

Auf den Punkt gebracht

Klassisch, agil oder egal: Ist ein guter Projektleiter mit jeder Methode erfolgreich? Methodenkompetenz oder Führungsstärke? Hier wird genauer beleuchtet, was ein Projektleiter wirklich mitbringen muss.

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Klassisch, agil oder egal: Ist ein guter Projektleiter mit jeder Methode erfolgreich?

Jetzt mal Hand aufs Herz: Ist es wichtig, sich im Projektmanagement gut auszukennen, um ein Projekt zum Erfolg zu führen? Oder musst du „nur“ als Führungspersönlichkeit geboren sein, und der Rest läuft von selbst? Oder entscheidet die Wahl der Projektmanagement-Methode darüber, ob du erfolgreich bist?

Mit diesen Fragen beschäftigt sich eine aktuelle Blogparade des Projektmagazins – ein perfekter Anlass, unseren Senf dazuzugeben.

Um Führungsstärke und Methodenkompetenz in ihrer Wichtigkeit zu vergleichen, schauen wir zunächst einmal nur auf die Methodenkompetenz, das Projektmanagement-Wissen. Wie wichtig ist dieses überhaupt? Beginnen wir mit einer bewusst provokanten Frage:

Benötigen wir überhaupt Projektmanagement-Methoden?

Dazu schauen wir uns zwei Beispiele an:

Welcher der beiden Projektleiter ist erfolgreicher?

Ohne Projektmanagement-Methoden geht es nicht!

Als Projektmanagement-Blog-Schreiberlinge sind wir überzeugt von den vielen Methoden, die den Projektalltag erleichtern sollen. Ob es konkrete Anleitungen, Vorlagen, ausgearbeitete Prozesse oder Checklisten sind: Die richtige Methode zu kennen, ist Gold wert.

Wie sollen Risiken sinnvoll aufgearbeitet werden, wenn niemand weiß, wie es geht? Wie sollen Aufwandschätzungen auch nur halbwegs genau sein, wenn das Fachwissen fehlt? Und wer kann schon einen überzeugenden Projektantrag schreiben, ohne jemals die Grundlagen gelernt zu haben?

Projektmanagement-Methoden sind unersetzlich.

Oder?

Auch ohne Methodenwissen erfolgreich!

Und dann kommt Hubert daher. Hubert gibt ehrlich zu, von Projektmanagement keine Ahnung zu haben – was seine Vorgesetzten nicht davon abhält, ihm den Hut der Projektverantwortung aufzusetzen.

Hubert überlegt nicht lang, sondern macht sich an die Arbeit: Redet mit dem Auftraggeber, trommelt das Team zusammen, schreibt die grundlegenden Informationen auf. Es fehlt ein Budget – er beantragt es. Er kennt den Zieltermin, also überlegt er, wie er diesen halten kann. Er versteht es, zu begeistern und seine Mitarbeiter zu motivieren. Und es funktioniert!

Hubert ist erfahren, arbeitet intuitiv und setzt das ein, was einen guten Projektleiter ausmacht:

Die Macht des gesunden Menschenverstandes

  • Ein Termin soll eingehalten werden? Dann müssen die Arbeiten so gelegt werden, dass das klappt.
  • Für eine Aufgabe werden bestimmte Qualifikationen benötigt? Dann sorgen wir dafür, eine entsprechende Ressource im Team zu haben.
  • Der Auftraggeber will über den Status informiert werden? Dann erhält er eine Übersicht über den Fortschritt der Teilprojekte.
  • Etwas im Projekt könnte schiefgehen? Dann überlegen wir uns Maßnahmen, damit es nicht passiert.

Auch wenn Hubert diese Dinge tut, weil er es für selbstverständlich hält, ist all dies auch Projektmanagement – allerdings unabhängig von Vorgehensmodellen, Prozessen oder Regeln.

Vor ein paar Jahren sagte mir ein junger Projektmanager in seiner allerersten Schulung einmal: „Stakeholder, Risikoanalyse, Ressourcenmanagement und so weiter – das ist ja schönes Fachlatein, aber im Grunde ist das doch alles selbstverständlich. Das macht man doch eh alles, auch ohne die ganzen Fachbegriffe. Sonst würde es ja gar nicht funktionieren.“

Ganz vergleichbar hört man in vertraulichen Gesprächen von gestandenen Projektleitern manchmal Sätze wie diesen: „Eigentlich habe ich ja gar keine Ahnung, ich mache einfach, und es funktioniert.“

Ja was denn nun? Ist Führungsstärke also wichtiger?

Kommen wir zurück zu der Frage: Wer ist als Projektmanager erfolgreicher, Hermann mit seiner Methodenkompetenz, oder Hubert mit seiner Erfahrung und seinem gesunden Menschenverstand?

So leid es uns tut: Darauf gibt es keine pauschale Antwort!

Wir haben viele Projektmanager beobachtet, darunter gab es viele Hermanns, die sehr erfolgreich waren, aber auch viele erfolgreiche Huberts. Umgekehrt konnten wir auch das Gegenteil häufig beobachten: Hermanns, die trotz exzellenter Methodenkenntnisse jedes Projekt vor die Wand fahren. Aber auch Huberts, die fast jedes Projekt in die mittlere Katastrophe führen. Seien es Kosten, Termine, oder Qualität. Und das, obwohl sie lange im Geschäft sind und somit eigentlich genügen Erfahrung haben sollten. Doch einen Teil der Huberts schützt dies offenbar nicht vor zahlreichen Versäumnisse und grober Fahrlässigkeit.

Wenn es also mit und ohne Methodenkompetenz sowohl funktionieren als auch scheitern kann, so liegt der Schluss nahe, dass Methodenkompetenz nicht der entscheidende Faktor für erfolgreiche Projekte ist.

In der Tat können wir immer wieder Hermanns beobachten, die unfähig sind, Entscheidungen zu fällen, die sich nicht durchsetzen können, die manchmal selbst von ihrem eigenen Team nicht ernst genommen werden, da sie ihre Unsicherheit zu oft hinter Formularen und Methoden verstecken. Umgekehrt gibt es aber auch die, die ohne Empathie und Rücksicht führen und allzuoft damit auflaufen. Beiden Gruppen fehlt es an Führungsstärke und Führungskompetenz; deshalb scheitern sie. Der Faktor „Mensch“ spielt hier eine enorm große Rolle.

Also wird Methodenkompetenz überbewertet?

Könnte man nun meinen, doch unsere Antwort lautet ganz klar: Keinesfalls!

Die Beispiele oben haben lediglich gezeigt, dass es  Menschen gibt, die auch ohne formale Methodenkompetenz regelmässig sehr erfolgreich Projekte leiten können. D.h. für den Einzelnen kann es durchaus so funktionieren. Doch ein Projektteam bzw. die Organisation zu der es gehört, besteht aus vielen Individuen. Es wäre daher grob fahrlässig, sich darauf zu verlassen, dass alle Projektleiter / Mitarbeiter in der eigenen Organisation Huberts sind „und das schon irgendwie hinbekommen“.

Uns fallen daher folgende gute Gründe ein, warum eine Organisation auf die Methodenkompetenz ihrer Mitarbeiter achten und diese sogar fördern sollte:

  • Methodenwissen hilft dabei, kritische Projekt-Situationen leichter zu meistern.  Nicht jeder ist zum Projektmanager geboren, macht alles intuitiv richtig. Besonders Einsteigern helfen definierte Methoden und Abläufe ungemein. Erfahrene Köche kochen eine Lasagne aus dem Bauch heraus, Einsteiger folgen einem Rezept und würden ohne kläglich scheitern.
  • Auch erfolgreiche Projektmanager, die eher intuitiv handeln, sind in für sie neuen Situationen froh, wenn sie dazu ein Rezept / einen Leitfaden an der Hand haben.
  • Vereinheitlichung und Kompatibilität: Methodenwissen im gesamten Projektteam erleichtert die Zusammenarbeit, lässt alle die gleiche Sprache sprechen. Es gibt einen Rahmen vor, an dem sich alle Beteiligten orientieren können – und das ist extrem wertvoll. Selbst wenn ein Projektmanager intuitiv alles richtig macht, trifft das noch lange nicht auf seine Teilprojektleiter und sein Team zu. Er wird also vom Methodeneinsatz profitieren.
  • Aus der Vereinheitlichung ergibt sich auch eine  Vergleichbarkeit der Projekte untereinander und Projektübergaben gestalten sich wesentlich einfacher, wenn das bisherige Vorgehen und die Dokumentation gewissen Grundstandards entsprechen.

Und was ist nun mit dem Vorgehensmodell?

Klassisch, agil oder egal – auch das war hier die Frage.

Wenn Methoden also doch hilfreich sind – welche ist dann die beste? Sind klassisch geplante Projekte unmodern, agile Ansätze trendy?

Oder spielt das alles keine Rolle?

Seien wir mal ehrlich, fast in jeder Projektleiter betrügt irgendwann den gewählten Ansatz: Früher oder später werden dort Workarounds gebaut, wo die gewählte Methodik nicht ideal funktioniert. Manchmal werden zum Vorgehensmodell zusätzliche Einschränkungen definiert oder aber umgekehrt bestehende Regeln klammheimlich ignoriert oder zumindest sehr kreativ interpretiert. Und was ist hier am Werk? Richtig, der gesunde Menschenverstand und ein gewisser Pragmatismus. Irgendwie muss das Projekt schließlich zum Erfolg gebracht werden.

Die Praxis zeigt immer wieder: Jede Methode hat ihre Vor- und Nachteile, die wiederum je nach Art des Projektes und der Projektumgebung mehr oder weniger schwer wiegen können. Auch die bevorzugte Arbeitsweise des Projektmanagers spielt hier eine nicht zu unterschätzende Rolle. Wir haben es mehr als einmal beobachtet, dass ein Projektmanager in einem Unternehmen mit sehr rigiden und klassischem Projektmanagement-Prozessen dennoch sein Projekt eher agil ausgerichtet hat – zum Teil mit sehr abenteuerlichen Workarounds, aber es hat funktioniert.

Kurzum, ja, es gibt für jedes Projekt passendere und unpassendere Vorgehensmodelle, doch ein guter Projektmanager findet immer (s)einen Weg.

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Fazit

Vergleichen wir es mal mit dem Straßenverkehr: Führungsstärke und Führungskompetenz sind wie die Fähigkeit, das Auto zu fahren, und die Verkehrsregeln zu kennen. Während die Methodenkompetenz im Projektmanagement eher dem Navi entspricht, mit dessen Hilfe wir bequem den Weg zum Ziel finden. Autofahrer mit gutem Orientierungssinn finden allerdings auch ohne Navi zum Ziel. Wenn sie ortsfremd sind, fahren sie vielleicht nicht den idealen und kürzesten Weg, werden aber irgendwann ankommen. Anders ist es mit denen, die die Verkehrsregeln nicht kennen oder gar Gas und Kupplung nicht unterscheiden können (keine Führungskompetenz haben). Diese Fahrer werden trotz bestem Navi und aktuellen Karten sicher nie am Ziel ankommen und schlimmstenfalls sogar einen Unfall bauen.

Verlassen wir dieses Gleichnis wieder: Ohne Führungsstärke wird der Projektmanager schnell zum reinen Projektverwalter, der sich hinter seinen Methoden versteckt, aber das Projekt nicht voran bringt. Fehlendes Methodenwissen hingegen kann unter Umständen kompensiert werden – vor allem , wenn der Projektleiter generell in der Lage ist, Probleme strukturiert zu lösen und über ausreichend Erfahrung und einen geübten „Schätzdaumen“ verfügt.

Müsste man also einen Faktor weglassen, wären es im Zweifel also die Methoden. Sie sind wichtig, hilfreich und tragen zum Projekterfolg bei – doch ohne entsprechende Management-Skills kann ich die Methoden nicht erfolgreich anwenden. Sie sind das Fundament, auf dem alles aufbaut.

Dennoch wäre es in professionellen Umgebungen grob fahrlässig, die Methodenkompetenz deshalb zu vernachlässigen.

Selbstverständlich hat jeder seine Stärken und Schwächen. Nicht ohne Grund werden einige der erfolgreichsten großen Projekte von einem Gespann aus einer Führungspersönlichkeit und einer spezialisierten Projektassistenz geleitet, oft noch ergänzt durch ein Projektmanagementbüro im Hintergrund.

5 Kommentare zu „Führungsstärke oder Projektmanagement-Wissen – was ist wichtiger?“

  1. Avatar-Foto

    Hallo Alexander,

    guter Artikel, vielen Dank.

    Ich bin auch schon ein paar Jährchen dabei. Mittlerweile sehe ich das so: Methoden, Paradigmen, Vorgehensmodelle sind sehr hilfreich. Sie geben einen Rahmen vor. Wichtig ist dabei aber der gesunde Menschenverstand. Alle Methoden bringen nichts, wenn man sie absolut dogmatisch einsetzt. Meine Credo ist: Hole das aus dem Werkzeugkasten heraus, was für die jeweilige Situation passen ist und setze es ein.

    Zur Agilität. Sagen wir mal so: Kennst du ein nicht agiles Projekt? :-) Letztendlich sind alle Projekte agil, völlig unerheblich, ob diese mit einem agilen Vorgehensmodell durchgeführt werden oder nicht.

    Schöne Grüße
    Sven

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      Hallo Sven,

      danke!
      Das stimmt. Fast jeder Projektleiter legt sein Projekt ein klein wenig agil aus. Wenn auch nicht immer formal auf dem Papier, aber zumindest irgendwo im Hinterkopf. Spätestens mit etwas Erfahrung weiss er ja, wie die Dinge laufen (werden), selbst wenn er das Vorgehensmodell und die Terminologie nicht kennt ;-)

      Schöne Grüße,
      Alexander

  2. Avatar-Foto

    Hallo,

    Euer Artikel fasst es korrekt zusammen. Das/der Eine ist ohne das/den Anderen nichts.

    Ich habe schon einige Führungskräfte erlebt, die ohne die Kompetenz ihrer Mitarbeiter nicht so wären, wie sie es sind.
    Andersherum benötigen die „Theoretiker“ jemanden, der auch aus dem Bauch heraus wichtige, spontane Entscheidungen treffen kann. Wichtig ist immer, dabei den Überblick zu behalten und auf das gleich Ziel hinzuarbeiten, und das auf beiden Seiten.
    Projektarbeit ist eben Teamarbeit! ;-)

    Gruß Dörte

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      Hallo Dörte,
      richtig. Und ohne unsere kompetenten Mitarbeiter sind wir nichts. Niemand kann und muss alles wissen, nicht jeder muss ein guter Theoretiker oder ein guter Entscheider sein, aber es ist wichtig, dass der Richtige an der richtigen Stelle sitzt ;-)

      Schöne Grüße,
      Alexander

  3. Avatar-Foto

    Natürlich können beide Charaktere ein aktuelles Projekt erfolgreich zum Ziel führen; Gründe hierfür sind im Artikel ja ausführlich beschrieben worden. Einen wesentlichen Unterschied gibt es nach dem mehr oder weniger erfolgreichen Projekt zu berücksichtigen: die Lessons Learnt. Egal ob das Projekt ein Erfolg war oder nicht, die Erfahrungen daraus sollen ja bitteschön in die Folgevorhaben übertragen werden; und das bitte auch unabhängig vom Projektleiter.
    Spätestens dann erweisen sich akkurat geführte Dokumentationen als Segen, und Bauchgefühl als Bärendienst. Führungskompetenz ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für einen Projektleiter und damit unverzichtbar. Methodisch geführte Projekte sind die Basis für den nachhaltigen Erfolg der Organisation.

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