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Priorisierung im Multiprojektmanagement

Prioritäten setzen, Profit steigern: Multiprojektmanagement auf den Punkt gebracht

Dies ist ein Gastbeitrag von Dieter Zibert

In der heutigen dynamischen Unternehmenswelt ist es für viele Organisationen die Norm, mehrere Projekte gleichzeitig zu betreiben. Ob Produktentwicklung, Digitalisierungsinitiativen oder Prozessoptimierungen – die Herausforderung besteht darin, diese Vielzahl von Projekten mit begrenzten Ressourcen und oft widersprüchlichen Zielen erfolgreich zu managen. Ohne eine klare Strategie zur Priorisierung laufen Unternehmen Gefahr, ihre Kapazitäten zu überdehnen und ineffizient zu werden.

1. Einleitung: Warum Priorisierung im Multiprojektmanagement entscheidend ist

Die Risiken ohne Priorisierung sind gravierend: Ressourcenverschwendung durch paralleles Arbeiten an zu vielen Projekten, Verzögerungen bei der Fertigstellung wichtiger Initiativen, ein sinkendes Leistungsniveau und zunehmender Frust bei Mitarbeitern und Management. Die paradoxe Situation, dass „alles wichtig ist“, führt oft dazu, dass am Ende nichts wirklich fertig wird oder die Ergebnisse nicht den Erwartungen entsprechen.

Die paradoxe Situation, dass „alles wichtig ist“, führt oft dazu, dass am Ende nichts wirklich fertig wird oder die Ergebnisse nicht den Erwartungen entsprechen.
Dieter ZibertDieter Zibert

Das Ziel dieses Artikels ist es, Klarheit in das komplexe Thema Multiprojektmanagement zu bringen. Ich zeige auf, wie eine konsequente Priorisierung nicht nur Chaos reduziert, sondern auch den Profit durch fokussierte Steuerung signifikant erhöhen kann. Es geht darum, die Spreu vom Weizen zu trennen und die Energie des Unternehmens auf die Projekte zu lenken, die den größten Wert stiften.

2. Priorisierung verstehen: Mehr als nur eine Rangliste

Im Kern ist Priorisierung im Multiprojektumfeld weit mehr als nur das Erstellen einer einfachen Rangliste von Projekten. Es ist ein strategisches Steuerungsinstrument, das die Allokation von Ressourcen und den Fokus der Organisation maßgeblich beeinflusst. Es geht darum, bewusste Entscheidungen darüber zu treffen, welche Projekte wann und mit welchen Ressourcen verfolgt werden sollen, um die Unternehmensziele optimal zu unterstützen.

Die wahre Bedeutung der Priorisierung liegt in ihrer Fähigkeit, knappe Ressourcen wie Budget, Personal und Zeit optimal zu nutzen.
Dieter ZibertDieter Zibert

Die wahre Bedeutung der Priorisierung liegt in ihrer Fähigkeit, knappe Ressourcen wie Budget, Personal und Zeit optimal zu nutzen. Sie ermöglicht es Unternehmen, sich auf die Initiativen zu konzentrieren, die den höchsten strategischen Nutzen, den größten ROI oder die dringendste Notwendigkeit aufweisen. Damit wird Priorisierung zu einem zentralen Hebel für Effizienz und Effektivität im Projektportfolio.

Ein entscheidender Aspekt ist der Unterschied zwischen subjektiver Einschätzung und objektiver Entscheidungsbasis. Oft werden Projekte basierend auf intuitiven Einschätzungen, der Lautstärke bestimmter Stakeholder oder historischer Gewohnheiten vorangetrieben. Eine effektive Priorisierung hingegen basiert auf klaren, messbaren Kriterien und einer transparenten Datenbasis, die eine fundierte und nachvollziehbare Entscheidungsfindung ermöglicht.

Eine effektive Priorisierung basiert auf klaren, messbaren Kriterien und einer transparenten Datenbasis, die eine fundierte und nachvollziehbare Entscheidungsfindung ermöglicht.
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3. Typische Fehler bei der Priorisierung und ihre Folgen

Trotz der offensichtlichen Notwendigkeit begegne ich in der Praxis immer wieder denselben typischen Fehlern bei der Priorisierung, die weitreichende negative Folgen haben können:

  • „Alles ist wichtig“ – Priorisierung ad absurdum geführt: Der wohl häufigste und fatalste Fehler ist die Annahme, dass alle laufenden Projekte von höchster Priorität sind. Dies führt dazu, dass Ressourcen auf eine Vielzahl von Initiativen verteilt werden, statt sich auf wenige Schlüsselprojekte zu konzentrieren. Das Ergebnis ist eine ineffiziente Auslastung, lange Durchlaufzeiten und oft unbefriedigende Ergebnisse bei allen Projekten. Wenn alles wichtig ist, ist im Grunde nichts wirklich wichtig.
  • Fehlende Transparenz über Projektstatus und Ressourcen: Viele Unternehmen haben keinen umfassenden Überblick über den aktuellen Status ihrer Projekte oder die tatsächliche Auslastung ihrer Ressourcen. Ohne diese grundlegende Transparenz sind fundierte Priorisierungsentscheidungen unmöglich. Man operiert im Blindflug, was zu Fehlallokationen und Engpässen führt, die erst spät erkannt werden.
  • Politische Einflussnahme und uneinheitliche Kriterien: Priorisierungsentscheidungen werden oft von individuellen Interessen oder der Macht einzelner Abteilungsleiter beeinflusst, anstatt auf objektiven, unternehmensweiten Kriterien zu basieren. Uneinheitliche Bewertungsgrundlagen führen zu Willkür und dem Gefühl der Ungerechtigkeit, was die Akzeptanz von Priorisierungsentscheidungen untergräbt und das Gesamtbild verzerrt.
  • Fehlende Verantwortlichkeiten und Governance: Wenn nicht klar definiert ist, wer für die Priorisierung zuständig ist, welche Prozesse und Gremien dafür etabliert sind und wie Entscheidungen kommuniziert werden, entsteht ein Vakuum. Projektmanager und Teams sind dann unsicher, welche Projekte sie vorantreiben sollen, was zu Ineffizienz und einer Lähmung der Projektaktivitäten führen kann. Eine fehlende Governance schwächt die gesamte Steuerung im Multiprojektumfeld.

Die Summe dieser Fehler führt zu einem Teufelskreis aus Überlastung, Frustration und letztlich zu einem Verlust an Rentabilität und Wettbewerbsfähigkeit.

4. Erfolgsfaktoren und bewährte Methoden für effektive Priorisierung

Um die genannten Fehler zu vermeiden und eine wirklich effektive Priorisierung zu etablieren, müssen Unternehmen bestimmte Erfolgsfaktoren berücksichtigen und bewährte Methoden anwenden:

Methoden zur Priorisierung von Projekten im Multiprojektmanagement
  • Transparente Datenbasis: Portfolio- und Ressourcensicht schaffen: Der erste Schritt ist immer, eine umfassende Transparenz über das gesamte Projektportfolio zu schaffen. Dazu gehören der aktuelle Status jedes Projekts, der Ressourcenbedarf und die verfügbaren Kapazitäten. Ein klares Bild über die Auslastung der Mitarbeiter und der Infrastruktur ist unerlässlich, um Engpässe zu identifizieren und realistische Zeitpläne zu erstellen. Nur mit validen Daten können fundierte Entscheidungen getroffen werden.
  • Klarer Strategiebezug – Prioritäten an Unternehmenszielen ausrichten: Priorisierung darf kein Selbstzweck sein, sondern muss direkt auf die Unternehmensstrategie einzahlen. Jedes Projekt sollte auf seine Relevanz für die Erreichung der strategischen Ziele bewertet werden. Projekte, die nicht zur Strategie passen, sollten entweder gestoppt oder zurückgestellt werden. Dies stellt sicher, dass die knappen Ressourcen auf die Initiativen konzentriert werden, die den größten Wert für das Unternehmen schaffen.
  • Fokus auf den Hauptengpass – Ressourcenknappheit gezielt steuern: In den meisten Unternehmen ist nicht die Anzahl der Projekte das Problem, sondern die Ressourcenknappheit bei bestimmten Schlüsselressourcen oder Fachkräften. Eine effektive Priorisierung identifiziert diese Hauptengpässe und steuert Projekte gezielt so, dass diese Engpässe nicht überlastet werden. Das bedeutet oft, dass Projekte, die denselben Engpass teilen, nacheinander und nicht gleichzeitig bearbeitet werden.
  • Klare und messbare Kriterien – Wirtschaftlichkeit, Risiko, Dringlichkeit etc.: Um Subjektivität zu vermeiden, müssen objektive und messbare Kriterien für die Bewertung von Projekten etabliert werden. Typische Kriterien sind:
    Wirtschaftlichkeit/ROI: Welchen finanziellen Mehrwert verspricht das Projekt?
    Strategische Relevanz: Wie stark unterstützt das Projekt die Unternehmensstrategie?
    Risiko: Welche Risiken birgt das Projekt (technisch, marktseitig, finanziell)?
    Dringlichkeit: Gibt es externe Deadlines oder regulatorische Anforderungen?
    Ressourcenbedarf: Wie viele und welche Ressourcen werden benötigt?
    Abhängigkeiten: Gibt es kritische Abhängigkeiten zu anderen Projekten?
    Kundenbedürfnis: Wie hoch ist der Wert für den Kunden? Ein gewichtetes Scoring-Modell kann hierbei helfen, die Projekte systematisch zu bewerten und eine Rangfolge zu erstellen.
  • Einsatz integrierter Tools: Scoring-Modelle, Visualisierungen, Ampelsysteme: Um die Komplexität des Multiprojektmanagements zu beherrschen, sind integrierte Tools unerlässlich. Diese Tools unterstützen nicht nur bei der Datenerfassung, sondern auch bei der Anwendung von Scoring-Modellen zur objektiven Bewertung.
  • Visualisierungen wie Portfoliodashboards, Gantt-Diagramme oder Kanban-Boards geben einen schnellen Überblick über den Projektstatus und die Ressourcenallokation. Ampelsysteme (Rot-Gelb-Grün) können den Fortschritt und den Status von Projekten auf einen Blick kenntlich machen und frühzeitig auf Probleme hinweisen. Moderne Projektmanagement-Software bietet oft umfassende Funktionen zur Unterstützung dieser Prozesse.

5. Umsetzungstipps: So bringen Sie Priorisierung ins Unternehmen

Die Theorie ist das eine, die erfolgreiche Umsetzung das andere. Hier sind praktische Tipps, wie Sie Priorisierung in Ihrem Unternehmen etablieren und optimieren können:

3-Schritte-Modell zur Priorisierung von Projekten

Bestandsaufnahme: Transparenz schaffen über Projekte und Ressourcen

Beginnen Sie mit einer umfassenden Bestandsaufnahme aller laufenden und geplanten Projekte. Erfassen Sie dabei nicht nur den Projektnamen, sondern auch Ziele, Status, geschätzte Kosten und benötigte Ressourcen. Parallel dazu ist eine detaillierte Ressourcenanalyse erforderlich: Wer hat welche Fähigkeiten? Wie sind die Mitarbeiter ausgelastet? Gibt es Engpässe bei bestimmten Fachkräften oder Abteilungen? Nutzen Sie dafür vorhandene Daten aus Zeiterfassungssystemen, Projektplänen oder Befragungen. Diese Transparenz ist die Grundlage für alle weiteren Priorisierungsentscheidungen. Visualisieren Sie diese Daten in einem zentralen Dashboard, das für alle relevanten Stakeholder zugänglich ist.

Priorisierung mit Fokus auf den Hauptengpass

Sobald Sie Transparenz geschaffen haben, identifizieren Sie den oder die Hauptengpässe in Ihrem Unternehmen. Das können bestimmte Abteilungen (z. B. IT-Entwicklung, Marketing), spezifische Skillsets (z. B. Data Scientists, UX-Designer) oder auch technische Infrastrukturen sein. Die Priorisierung muss sich dann vor allem an der Kapazität dieser Engpässe orientieren.

Stop starting, start finishing!
Dieter ZibertDieter Zibert

Statt alle Projekte gleichzeitig zu starten, die diesen Engpass benötigen, sollten Sie eine klare Reihenfolge festlegen und die Projekte nacheinander abarbeiten. Das Prinzip lautet: „Stop starting, start finishing!“ Konzentrieren Sie sich darauf, die wichtigsten Projekte durch den Engpass zu schleusen und abzuschließen, bevor Sie neue Initiativen beginnen. Implementieren Sie ein regelmäßiges Priorisierungsmeeting, in dem die Projektliste anhand der identifizierten Engpässe und der definierten Kriterien überprüft und angepasst wird. Beteiligen Sie hieran alle relevanten Abteilungsleiter und Entscheidungsträger.

Permanente Optimierung mit Fokus auf den Hauptengpass

Priorisierung ist kein einmaliges Ereignis, sondern ein dynamischer, kontinuierlicher Prozess. Die Rahmenbedingungen ändern sich ständig: Neue Projekte kommen hinzu, bestehende Projekte ändern ihre Anforderungen, Ressourcen werden knapp oder frei. Daher ist eine permanente Optimierung der Prioritäten unerlässlich.

Überprüfen Sie in regelmäßigen Abständen (z. B. wöchentlich oder monatlich) den Status Ihrer Projekte, die Auslastung Ihrer Engpässe und die strategische Relevanz der Initiativen. Nutzen Sie die Daten aus Ihren integrierten Tools, um schnell auf Veränderungen reagieren zu können. Seien Sie bereit, Projekte anzupassen, zurückzustellen oder sogar zu stoppen, wenn sie nicht mehr zur Strategie passen oder Ressourcen binden, die für wichtigere Initiativen benötigt werden. Kommunizieren Sie Änderungen transparent an alle Beteiligten, um Akzeptanz zu schaffen und die Motivation aufrechtzuerhalten. Schulen Sie Ihre Teams im Umgang mit den Priorisierungstools und -prozessen, um eine breite Akzeptanz und Anwendung sicherzustellen.

6. Fazit: Prioritäten setzen für mehr Fokus, Effizienz und Gewinn

Die Implementierung einer effektiven Priorisierung im Multiprojektmanagement ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, um in der heutigen Geschäftswelt bestehen zu können. Sie ist der Schlüssel zu mehr Fokus, Effizienz und letztlich zu höherem Gewinn.

Priorisierung ist ein dynamischer, kontinuierlicher Prozess, der ständige Aufmerksamkeit und Anpassung erfordert. Es geht darum, eine Kultur zu etablieren, in der bewusste Entscheidungen getroffen werden, anstatt sich von der Flut an Projekten überwältigen zu lassen. Durch die Konzentration auf die wirklich wichtigen Projekte schafft man Freiraum für Innovation, schnelle Umsetzung und qualitativ hochwertige Ergebnisse.

Dieser strategische Ansatz ermöglicht es Unternehmen, ihre Ressourcen optimal einzusetzen und den Wert jedes einzelnen Projekts für das Gesamtunternehmen zu maximieren. Wer Prioritäten setzt, verwandelt sein Projektportfolio von einem Kostenfaktor in eine Profitmaschine.

Wer Prioritäten setzt, verwandelt sein Projektportfolio von einem Kostenfaktor in eine Profitmaschine.
Dieter ZibertDieter Zibert

Für alle, die tiefer in das Thema eintauchen und einen systematischen Ansatz zur Steuerung ihrer Projekte suchen, der direkt auf eine deutliche Steigerung der Profitabilität abzielt, sei das Buch „Profitmaschine Projektmanagement“ empfohlen. Es bietet mit dem TEMPO-Modell einen bewährten Rahmen, um Multiprojektmanagement ganzheitlich, ergebnisorientiert und konsequent gewinnbringend zu gestalten.

Dieter Zibert

Dieter Zibert

Dieter Zibert ist erfahrener Projektmanagement-Experte, Buchautor und Unternehmensberater. Mit seiner langjährigen Praxis unterstützt er Unternehmen dabei, Projekte effizienter zu planen, zu steuern und profitabler umzusetzen.
Er zeigt auf, wie professionelles Projektmanagement – insbesondere im Kontext eines funktionierenden Multiprojektmanagements nicht nur effizient, sondern auch gewinnbringend umgesetzt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie unter: https://projektmanagementbuch.de/

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