Projektmanagement-Methoden: Der ultimative Überblick

Ein neues Projekt steht vor der Tür! Egal ob Hausbau, App-Entwicklung oder Einführung eines neuen Prozesses im Qualitätsmanagement – vor dem offiziellen Start stellt sich die Frage: „Mit welcher Projektmanagement-Methode kommen wir am besten zum Ziel?“ Vielleicht klassisch, mit fest definierten Phasen und Meilensteinen? Oder sollten wir auf den agilen Zug aufspringen, so wie es heute „jeder macht“? Und was sind eigentlich hybride Methoden?

Fakt ist: Nicht immer ist die Wahl der richtigen Methodik eine einfache Wahl. (Warum wir hier „Methodik“ mit „ik“ schreiben, erfährst du weiter unten.) Existieren keine klaren Vorgaben von Kunde oder Unternehmen, steht dem Projektmanager ein weites Feld offen. Doch was, wenn der Überblick fehlt? Oder noch schlimmer, wenn der falsche Ansatz gewählt wurde? Was, wenn das Budget überschritten wird und Termine nicht eingehalten werden können?

Dieser Artikel gibt einen Überblick über die gängigsten Projektmanagement-Methoden bzw. -Methodiken, wählt eine pragmatische Unterscheidung der Begriffsdefinitionen und zeigt, mit welchen Methoden der richtige Ansatz für dein Projekt gewählt werden kann. Steigen wir ein!

Was ist eine Projektmanagement-Methode?

Es wäre schön und einfach, wenn wir hier eine eindeutige Definition veröffentlichen könnten. Leider ist die Projektwelt selten einfach, sondern vielschichtig und nicht immer leicht zu durchschauen – so auch hier.

Suchst du im Netz oder der Literatur nach dem Begriff „Projektmanagement-Methoden“, so stellt sich schnell eines heraus: Die Meinungen gehen weit auseinander, was so eine „Methode“ denn ist. Schnell werden Meilensteintrendanalyse oder Netzplantechnik mit Scrum, PRINCE2® oder agilem Projektmanagement auf eine Stufe gestellt – zumindest verbal, eben indem man alles undifferenziert „Methode“ nennt. Das verwirrt nicht nur, sondern macht es besonders für Einsteiger schwer, den Überblick zu bewahren.

Obwohl wir üblicherweise darauf verzichten, Begriffe bis ins letzte Detail zu hinterfragen, sind wir bei diesem Thema zu einem Exkurs gezwungen, um Ordnung in das Wirrwarr der Begriffe zu bringen. Im ersten Schritt unterscheiden wir daher Methoden und Methodiken.

Methoden und Methodiken

Was ist eine Methode?

Folgende Zitate beschreiben den Begriff „Methode“ gut:

  • „Untersuchungs-, Forschungsverfahren; planmäßiges Vorgehen“ (Quelle)
  • „Art und Weise eines Vorgehens“ (Duden)
  • „Auf einem Regelsystem aufbauendes Verfahren zur Erlangung von [wissenschaftlichen] Erkenntnissen oder praktischen Ergebnissen“ (Duden)

Kurz zusammengefasst: Eine Methode beschreibt ein planmäßiges Vorgehen, um Erkenntnisse zu erlangen oder Ergebnisse zu erzielen.

Beispiel im Projektmanagement: In einem Projekt werden die wichtigsten zeitlichen Abschnitte, Termine und Prüfpunkte definiert. Hierfür wird die Methode der Phasenplanung eingesetzt.

Was ist eine Methodik?

Der Begriff „Methodik“ klingt ähnlich, und unterscheidet sich doch von der Methode:

  • „Technik zur Anwendung von Methoden“ (Wikipedia)
  • „Gesamtheit aller systematischen Vorgehensweisen bei der Gewinnung von Erkenntnissen im Rahmen eines vorgegebenen Ziels“ (Wikipedia)
  • „Gesamtheit von Methoden, als Teildisziplin einer Fachwissenschaft auch die Lehre von den in dieser Wissenschaft angewandten Methoden“ (Quelle)

Kurz zusammengefasst und für unsere Zwecke vereinfacht: Eine Methodik kann als Sammelbegriff für eine Auswahl von Methoden verwendet werden und definiert deren Einsatz zur Erreichung des übergeordneten Ziels.

Methodik und Methode

Beispiel im Projektmanagement: Neben der Phasenplanung (siehe letztes Beispiel), werden weitere Methoden im Projekt eingesetzt, beispielsweise eine Projektstrukturplanung und eine Ressourcenplanung. Diese und weitere Methoden gehören zur Methodik des klassischen Projektmanagements.

Projektmanagement-Methoden und Vorgehensmodelle

Nach der allgemeinen Begriffsbestimmung kehren wir endgültig zurück zum Projektmanagement. Ist es nicht verwirrend, wenn wir von nun an zwischen Methoden und Methodiken unterscheiden sollten? Obwohl die Begriffe ähnlich klingen, wäre das kein Problem – trotzdem arbeiten wir mit anderen Begriffen, die sich in der Praxis leichter unterscheiden lassen:

  1. Als Methodiken existieren übergreifende Vorgehensmodelle, nach denen ein Projekt abgewickelt wird, z. B. das V-Modell oder Scrum. Diese Vorgehensmodelle werden häufig klassischem oder agilem Projektmanagement zugeordnet und folgen teilweise einem Standard, beispielsweise dem der IPMA®. Andere Begriffe für Vorgehensmodelle: Projektmanagement-Systeme oder Frameworks.
  2. Als Projektmanagement-Methoden bezeichnen wir einzelne Methoden, die innerhalb eines Vorgehensmodells angewendet werden. Hier kann es sich z. B. um eine Risikoanalyse, eine Phasenplanung oder Aufwandsschätzung handeln.
Vorgehensmodelle und Projektmanagement-Methoden

Beispiel: Die Netzplantechnik ist eine typische Methode des klassischen Projektmanagements und kann unter verschiedenen Vorgehensmodellen eingesetzt werden, z. B. in einem nach dem Wasserfallmodell geplanten Projekt.

Achtung: Wer tiefer in die Begriffsbestimmungen einsteigt, wird unterschiedliche Interpretationen finden, die sich teilweise widersprechen. Wir wollen nicht zwingend die „ultimative Wahrheit“ finden, sondern einen pragmatischen und praxisnahen Ansatz zur Abgrenzung verwenden.

Die 4 Bereiche der Projektmanagement-Methoden

Kommen wir nun endlich zum Eingemachten: Welche Projektmanagement-Methoden gibt es nun? Statt eine Liste mit unzähligen Methoden aufzuführen, machen wir es dir leicht: Wir haben 4 wesentliche Kategorien identifiziert, in die sich Projektmanagement-Methoden einordnen lassen:

Klassische Projektmanagement-Methoden
Klassisches Projektmanagement

Typische Methoden, die im klassischen bzw. traditionellen Projektmanagement eingesetzt werden.

Agile Projektmanagement-Methoden
Agiles Projektmanagement

Typische Methoden, die in agilen Ansätzen Verwendung finden.

Übergreifendes Projektmanagement

Wichtige Methoden, die unabhängig vom gewählten Projektmanagement-Ansatz genutzt werden.

Soft Skills

Persönliche Kompetenzen des Projektleiters für Führung, Kommunikation, Selbstmanagement und Konfliktlösung.

In den folgenden Abschnitten findest du Details zu diesen Bereichen.

Methoden im klassischen Projektmanagement

Das klassische Projektmanagement wird auch als traditionelles Projektmanagement bezeichnet. Die Grundidee: Ein Vorhaben wird in einer Planungsphase genau durchdacht, im Detail geplant und anschließend durchgeführt. Während der Durchführung kann der Plan angepasst werden, allerdings ist eine Orientierung am Plan erwünscht.

Weil die Planung in diesem Projektmanagement-Ansatz so wichtig ist, sind viele typische Methoden auf die Planungsphase ausgelegt: Phasen, Meilensteine und Projektinhalte sollen möglichst genau vorab definiert werden.

Typische Vorgehensmodelle im klassischen Projektmanagement: Wasserfallmodell, V-Modell, Spiralmodell

Typische Methoden im klassischen Projektmanagement: Netzplantechnik, Meilensteintrendanalyse, Projektstrukturplanung, Erstellung eines Gantt-Charts

Methoden im agilen Projektmanagement

Agiles Projektmanagement ist immer stärker im Kommen. Kein Wunder: Märkte sind stärker in Bewegung, Technologie- und Produktlebenszyklen werden kürzer und Trends dürfen nicht verpasst werden. Agiles Projektmanagement ist bei weitem nicht die Lösung für jedes Problem, hilft aber besonders in dynamischen Branchen dabei, Projekte schnell an geänderte Umstände anzupassen und dynamisch zu reagieren.

Im Gegensatz zum klassischen Projektmanagement erleichtern viele typische agile Projektmanagement-Methoden die Umsetzungsphase des Projekts.

Typische Vorgehensmodelle im agilen Projektmanagement: Scrum, Kanban, Extreme Programming

Typische Methoden im agilen Projektmanagement: Backlog-Management, Kanban-Board, Daily Scrum, Sprint Review

Übergreifende Projektmanagement-Methoden

Egal ob klassisch, agil oder hybrid als eine Mischform aus beiden Ansätzen: In allen Projekten fallen übergreifende Aufgaben an, die unabhängig vom Ansatz und Vorgehensmodell durchgeführt werden müssen.

Beispielsweise sollten in jedem Projekt

  • Risiken identifiziert, analysiert und Gegenmaßnahmen definiert werden.
  • Stakeholder identifiziert, analysiert und Strategien angewendet werden.
  • Der wirtschaftliche Nutzen und die Motivation für das Projekt evaluiert werden.

Je nach Projekt können verschiedene Analyse-, Qualitätsmanagement- oder Monitoring-Methoden eingesetzt erden. All diese sind unabhängig vom allgemeinen Projektmanagement-Ansatz. Stell sie dir als nützliche Werkzeuge vor, die du in deinem Projekt einsetzen kannst.

Typische übergreifende Projektmanagement-Methoden: Stakeholderanalyse, Risikoanalyse, Business Case, ABC-Analyse, Plan-Ist-Vergleich, Project Canvas, Kommunikationsmatrix

Soft Skills

Haben Softskills wirklich etwas mit Projektmanagement zu tun? Mehr als du denkst! Ein Projektmanager kann nur dann sein Projekt zum Erfolg führen, wenn er über die passenden Kompetenzen zu Kommunikation und Führung verfügt.

Wichtige Softskills im Projektmanagement:

Übrigens: Viele dieser Softskills brauchen nicht nur Projektmanager, sondern auch die Projektmitarbeiter. Besonders wichtig wird dies in agilen Ansätzen, in denen jeder Projektbeteiligte verstärkt Projektmanagementaufgaben übernimmt – bis hin zum Scrum, in dem die Rolle des Projektleiters komplett entfällt und seine Aufgaben auf alle verteilt werden.

Welche Projektmanagement-Methode ist die richtige?

Einige mögen es für Wortklauberei halten, wir müssen hier streng sein: Es gibt keine richtige und falsche Projektmanagement-Methode. Eine Netzplantechnik ist ebenso wenig richtig oder falsch wie ein Daily Scrum oder der Einsatz der Nutzwertanalyse. Alle Methoden sind Werkzeuge, die in verschiedenen Projekten sinnvoll eingesetzt werden können.

Fragt dich jemand nach der richtigen Projektmanagement-Methode, dann meint er vermutlich keine einzelne Methode, sondern eher eine Methodik bzw. ein Vorgehensmodell (Wasserfall oder Scrum) oder sogar den allgemeinen Projektmanagement-Ansatz (klassisch, agil oder hybrid).

Auch hier gilt natürlich: Es gibt kein richtig und falsch, aber es gibt Situationen, in denen bestimmte Vorgehensmodelle besser funktionieren als andere. Zwei Methoden helfen dir dabei, den richtigen Projektmanagement-Ansatz für dein Projekt zu finden: Das Cynefin-Framework und die Stacey-Matrix.

Das Cynefin-Framework

Das Cynefin-Framework teilt Situationen und Vorhaben in vier Kategorien ein und hilft dabei, den richtigen Projektmanagement-Ansatz zu finden. Es wurde 1999 vom Waliser Dave Snowden vorgestellt. Welcher Ansatz gewählt wird, hängt von der Art des Projekts und der Umgebung ab. Grundansatz: Wähle die Methodik, mit der Zeit und Ressourcen bestmöglich eingesetzt werden.

Folgende vier Bereiche werden unterschieden:

  • Projekte in der Komplex-Domäne zeichnet sich durch viele Unbekannte, viele Ideen und viele Änderungen aus. Agile Ansätze wie Scrum eignen sich besonders gut für diese Art von Vorhaben.
  • In der Kompliziert-Domäne existiert ein klares Ziel, aber es sind unterschiedliche Wege zur Zielerreichung möglich. Ansätze wie Six Sigma sind für diese Art von Projekten geeignet.
  • In der Chaotisch-Domäne und in akuten Krisen ist schnelles Handeln gefragt: Weder Ziel noch Wege sind bekannt, viele Entscheidungen sind gefordert. Für Probleme dieser Art gibt es selten vordefinierte Prozesse, stattdessen sind starke und mutige Führungskräfte gefragt.
  • Die Simpel-Domäne wirkt im Gegensatz dazu recht einfach: Ziel und Weg dorthin sind klar, vermutlich werden wenige Änderungen auftreten. Statt agiler Methoden sind hier bewährte Prozesse mit klaren Abläufen gefragt.
Cynefin-Framework

Mehr Informationen und Beispiele findest du im folgenden Artikel zum Cynefin-Framework.

Weiterlesen: Agil, klassisch & Co: Wann eignet sich welche Projektmanagement-Methodik?

Die Stacey-Matrix

Die Stacey-Matrix wird häufig dazu genutzt, Vorhaben und Situationen nach ihrer Komplexität einzustufen und den passenden Projektmanagement-Ansatz auszuwählen. Obwohl sie ursprünglich für die Entscheidungsfindung in komplexen Situationen generell entwickelt wurde, werden heutzutage mit ihr häufig Projekte bewertet: Hierbei werden Projekte nach ihren Anforderungen (klar bis unklar) und der Technologie (bekannt bis unbekannt) eingestuft und landen in einer der folgenden vier Bereiche: simpel, kompliziert, komplex oder chaotisch.

Weiterlesen: Die Stacey-Matrix: Welche Projektmanagement-Methode ist die richtige?

Diese vier Bereiche kommen dir bekannt vor? Kein Wunder: Auch das Cynefin-Framework wendet sie an.

Projektmanagement-Methoden zum Stöbern

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