Projektziele: Die Anleitung für perfekte Ziele

Zusammenfassung für Eilige:
Die Definition von Projektzielen ist eine der wichtigsten Aufgaben im Projektmanagement überhaupt. Ohne Projektziele steigt die Wahrscheinlichkeit eines Scheitern des Projekts erheblich, da eine klare Richtung und ein einheitliches Verständnis darüber fehlen. Projektziele werden in 5 Schritten definiert: Ziele werden gesammelt, sauber formuliert, von Nicht-Zielen abgegrenzt, priorisiert und die Beziehungen zwischen den Zielen analysiert.

Stell dir vor, ein Projekt wird gestartet mit dem vagen „Ziel“, ein Haus zu bauen. Alle Beteiligten legen los: Der Architekt erstellt einen Entwurf für ein schickes Einfamilienhaus im strengen Bungalow-Stil, der Herr Häuslebauer kauft ein Grundstück in starker Hanglage und Frau Häuslebauer träumt von einem verspielt-romantischen Stadthaus mit Blick über die Dächer der Stadt.

Zugegeben: In diesem Projekt werden alle Beteiligten schnell herausfinden, dass sie nicht in die gleiche Richtung arbeiten. In der realen Projektwelt ist das allerdings nicht immer so: Scheinbar gleiche Zielbilder können in den Köpfen von Auftraggeber, Projektleiter und Mitarbeitern völlig unterschiedlich interpretiert werden. Was passiert? Spätestens am Projektende kommt der große Knall. Während das Projektteam stolz das Projektergebnis präsentiert, macht der Auftraggeber große Augen, weil er sich etwas völlig anderes vorgestellt hat. Im schlimmsten Fall wurde jede Menge Zeit, Geld und Energie für etwas verschwendet, das niemals praktisch eingesetzt wird.

Zum Glück gibt es für dieses Problem eine einfache Lösung: Projektziele schaffen ein gemeinsames Verständnis über den Projektinhalt und geben für alle Beteiligten eine klare Richtung vor. In den folgenden Abschnitten erfährst du, was Projektziele sind, warum sie so wichtig sind und wie du perfekte Ziele für dein Projekt definierst.

Was sind Projektziele?

Ziele sind laut Wikipedia

angestrebte Zustände in der Zukunft, die durch entsprechendes („zielorientiertes“) intelligentes Verhalten erreicht werden sollen.

Wikipedia

Projektziele lassen sich ganz einfach von diesem allgemeinen „Ziel“Begriff ableiten: Welcher Zustand wird in der Zukunft angestrebt – also nach Abschluss des Projekts? Was soll entstanden sein? Welche Ergebnisse werden erwartet?

Viele Projekte lassen sich anhand der drei wichtigsten Zielgrößen des magischen Dreiecks beschreiben:

  • Leistung: Was wollen wir erreichen? Welche Ergebnisse sollen erarbeitet werden?
  • Zeit: Bis zu welchem Termin soll das Projekt abgeschlossen sein?
  • Kosten: Wie viel darf das Projekt denn kosten?
Das magische Dreieck

Hat jedes Projekt also genau drei Ziele? Das wäre zu einfach: In den meisten Fällen werden deutlich mehr Ziele formuliert. Neben einem übergeordneten Gesamtziel für das Projekt werden häufig Ziele in mehreren Kategorien abgeleitet, wie zum Beispiel Leistungs-, Termin-, Kosten- und soziale Ziele.

Warum sind Projektziele wichtig?

In der PMO-Studie 2020 sind ein unklarer Projektumfang und unklare Ziele mit Abstand die größten Faktoren für das Scheitern von Projekten – weit vor unterschätzten Aufwänden, Ressourcenmangel und fehlender Stakeholder-Unterstützung.

Auch im Pulse of the Profession 2021-Report des PMI® gab es Antworten auf die Frage: Was sind die Hauptursachen für das Scheitern von Projekten? 40% der Befragten nennen unklare Anforderungen, 38% das Ändern von Projektzielen und 28% eine unklare Vision bzw. Zieldefinition.

Drehen wir das Ganze um: Sauber formulierte Ziele tragen also zum Projekterfolg bei. Dabei erfüllen Ziele folgende Funktionen:

  1. Kontrollfunktion: Du brauchst klare und sauber formulierte Ziele, um am Projektende messen und kontrollieren zu können, ob die vorher definierten Kriterien erreicht wurden.
  2. Orientierungsfunktion: Jeder Beteiligte kann seine tägliche Arbeit an diesen Zielen ausrichten, egal ob Projektleiter oder Projektmitarbeiter.
  3. Verbindungsfunktion: Indem klare Ziele vereinbart werden, wird ein einheitliches Verständnis geschaffen – und Missverständnisse und Unklarheiten ausgeräumt.
  4. Koordinationsfunktion: Ziele können dafür genutzt werden, Verantwortlichkeiten festzulegen. Bestimmte Beteiligte können Verantwortung für einzelne Ziele übernehmen.
  5. Selektionsfunktion: Fällt die Entscheidung zwischen Optionen schwer, dann kannst du dich immer an den Projektzielen orientieren.

Weiterlesen: 5+3 Gründe, warum Ziele im Projekt wichtig sind

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Projektziele definieren: So funktioniert’s

Beginnen wir mit einem Überblick. Projektziele werden in folgenden Schritten definiert:

  1. Ziele ermitteln:

    Im ersten Schritt werden Ziele gesammelt. Für den Moment müssen sie noch nicht perfekt ausformuliert sein.

  2. Ziele sauber formulieren:

    Vage Aussagen und unscharfe Formulierungen sind Gift für gute Projektziele. In diesem Schritt werden die Ideen aus Schritt 1 verfeinert.

  3. Nicht-Ziele nennen:

    Zur Abgrenzung des Projektumfangs bietet es sich an, Ziele zu nennen, die eben nicht erreicht werden sollen.

  4. Ziele priorisieren:

    Alle Ziele sind gleich wichtig? Nicht ganz! Häufig wird unterschieden in Muss-, Soll- und Kann-Ziele.

  5. Zielbeziehungen analysieren:

    Es wäre schön, wenn alle Ziele optimal gemeinsam auf das Gesamtziel abgestimmt wären. Um Risiken zu vermeiden, werden die Beziehungen der Ziele untereinander analysiert und je nach Situation Maßnahmen abgeleitet.

Die Kurzfassung reicht dir nicht? Kein Problem: In den folgenden Abschnitten gehen wir im Detail auf die einzelnen Schritte ein.

1. Ziele ermitteln

Die Projektziele sind von vornherein klar? Ganz so einfach ist es nicht. Natürlich existiert in den meisten Fällen eine Projektidee. Auch ein Kundenauftrag kann automatisch zu einem Projekt führen. Zusätzlich gibt es aber eine Reihe weniger offensichtlicher Faktoren, die du nicht vernachlässigen solltest:

  • Zunächst nicht offensichtliche Anforderungen des Auftraggebers
  • Übergeordnete Unternehmensziele, die im Projekt berücksichtigt werden müssen
  • Einflüsse aus dem Projektumfeld, wie zum Beispiele bestehende gesetzliche Regelungen, die eingehalten werden müssen
  • Individuelle Ziele von Stakeholdern, die im Projekt berücksichtig werden

Im folgenden Artikel werden diese Punkte vertieft und weitere Quellen für Projektziele beschrieben:

Weiterlesen: 6 Quellen für Projektziele

Du möchtest deine Ziele im Team erarbeiten? Dann können einfache Methoden zur Visualisierung wie das Zielkreuz oder das Teufelsquadrat helfen. Sie bieten nicht nur eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, sondern eignen sich auch wunderbar für Präsentationen.

Weiterlesen: Das Zielkreuz – Das beste Werkzeug zur Zielermittlung
Weiterlesen: Das Teufelsquadrat im Projektmanagement

2. Ziele richtig formulieren mit der SMART-Formel

SMART und Ziele: Diese beiden Begriffe werden immer wieder gemeinsam in den Mund genommen. Kein Wunder: Mit Hilfe der SMART-Formel hast du ein einfaches Hilfsmittel in der Hand, um Ziele sauber zu formulieren.

SMART ist ein Akronym und steht für fünf Kriterien, die gute Zielformulierungen enthalten sollten. Es gibt unterschiedliche Deutungen der einzelnen Buchstaben. Nach der im deutschen Sprachraum am meisten verbreiteten Interpretation steht SMART für:

  • Spezifisch
  • Messbar
  • Akzeptiert
  • Realistisch
  • Terminiert

Du hast auch die Nase voll von vermeintlichen Zielen wie „Höhere Qualität“ oder „Umzug in ein neues Bürogebäude“? Dann findest du in den folgenden Artikeln jede Menge Informationen für die perfekte Zielformulierung:

Weiterlesen: Wie funktioniert die SMART-Formel?
Weiterlesen: 6 Tipps zur Zielformulierung im Projektmanagement
Weiterlesen: Smarte Ziele formulieren: So machst du es richtig (und so falsch machen es andere)
Weiterlesen: PURE, CLEAR, PIDEWaWa, AMORE und MAGIE: Die unbekannten Geschwister der SMART-Formel

3. Nicht-Ziele formulieren

Nicht-Ziele sind die Ziele, die im Projekt eben NICHT erreicht werden sollen und bilden damit das Gegenstück zu den eigentlichen Projektzielen. Warum ist es sinnvoll, diese Nicht -Ziele zu formulieren? Ganz einfach: Du beugst Missverständnissen vor, vereinfachst die Argumentation bei späteren Diskussionen und definierst klar, was in dein Projekt gehört – und was eben nicht.

Der In- und Out-Rahmen für den Projektumfang

Weiterlesen: Nicht-Ziele: Warum jedes Projekt welche haben sollte
Weiterlesen: Projektumfänge sinnvoll definieren: Der In-Out-Rahmen

4. Ziele priorisieren

Nach den ersten drei Schritten hast du eine Liste sauber formulierter Projektziele vorliegen. Was aber passiert, wenn es im Projektverlauf zu zeitlichen Engpässen oder Ressourcenmangel kommt? Was passiert, wenn nicht mehr alle Ziele erreicht werden können und du auswählen musst?

Genau dann freust du dich, wenn du gemeinsam mit den wichtigsten Stakeholdern zu Beginn eine Priorisierung der Ziele vorgenommen hast. Eine typische Priorisierung sieht wie folgt aus:

  • Muss-Ziele: Die wichtigsten Ziele im Projekt. Werden sie nicht erreicht, gilt das Projekt als gescheitert.
  • Soll-Ziele: Werden diese Ziele nicht erreicht, scheitert das Projekt nicht automatisch, aber die Zufriedenheit mit dem Projektergebnis ist beeinträchtigt.
  • Kann-Ziele: „Nice to have“ oder ein zusätzlicher Bonus. Ist die Erreichung wenig aufwändig und verursacht nur geringe Kosten, dann werden sie verfolgt.

Weiterlesen: Ziele priorisieren: Nicht alle Ziele sind gleich wichtig
Weiterlesen: Wie du Ziele mit der MoSCow-Methode priorisierst

5. Zielbeziehungen analysieren

Sollten nicht alle Ziele im Projekt dazu dienen, das Projekt zum Erfolg zu führen? Das könnte man meinen – aber die Realität sieht oft anders aus.

Vielleicht kennst du das auch: Dein Projekt darf kaum was kosten aber das Ergebnis muss vom Feinsten sein. Harmonieren diese Ziele miteinander? Eindeutig nicht. In diesem Fall stehen die Ziele in Konkurrenz miteinander.

Doch es gibt nicht nur die Zielkonkurrenz, sondern insgesamt folgende 5 unterschiedliche Zielbeziehungen:

  • Zielidentität: Identische Ziele, die sich oft nur in der Formulierung unterscheiden.
  • Zielkomplementarität: Die Ziele unterstützen sich gegenseitig. Ein Projektleiter hat gern viele solche Ziele in seinem Projekt.
  • Zielneutralität: Die Ziele stehen in keiner Beziehung zueinander und beeinflussen sich nicht.
  • Zielkonkurrenz: Die Ziele konkurrieren miteinander. Wenn ein Ziel erreicht wird, behindert dies die Erreichung des anderen Ziels.
  • Zielantinomie: Die Ziele schließen sich aus.

Im folgenden Artikel erfährst du mehr über die Zielbeziehungen und wie du mit ihnen umgehst:

Weiterlesen: Zielbeziehungen: Wie Ziele miteinander harmonieren (oder auch nicht)

Alle Videos zum Thema

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