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Artikel zum V-Modell

Das V-Modell im Projektmanagement: Definition, Typen und Phasen

Auf einen Blick

Das V-Modell ist ein lineares Vorgehensmodell im Projektmanagement, das den Prozess der Software-Entwicklung in fest definierte Phasen untergliedert. Im Vergleich zum ebenfalls linearen Wasserfallmodell ergänzt es Testphasen, die den jeweiligen Entwicklungsphasen gegenübergestellt sind.

Das V-Modell ist ein alter Hut? Könnte man meinen, immerhin wurde es bereits 1979 erstmal vom Amerikaner Barry Boehm vorgestellt. In diesem Artikel erfährst du:

  • Was das V-Modell genau ist
  • Welche unterschiedlichen Typen existieren
  • Welche Phasen definiert werden
  • Was es mit dem V-Modell® XT auf sich hat
  • Welche Vorteile und Nachteile vorliegen

Neugierig? Dann legen wir los!

Was ist das V-Modell?

Das V-Modell ist ein lineares Vorgehensmodell im Projektmanagement, das ein Projekt in fest definierte Phasen untergliedert. Im Vergleich zum ebenfalls linearen Wasserfallmodell ergänzt es Testphasen, die den jeweiligen Entwicklungsphasen gegenübergestellt sind.

Das heißt praktisch: Beim Entwickeln einer Software werden nicht nur Systemarchitektur oder Komponentenspezikationen erstellt, sondern auch die dazugehören Tests. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass sowohl die einzelnen Komponenten als auch das Gesamtsystem sauber getestet sind und als Ganzes wie gewünscht funktionieren.

Klingt das noch immer zu abstrakt? Dann hilft vermutlich eine Erklärung anhand einer Grafik:

V-Modell
Das V-Modell
  1. Auf der linken Seite des V werden zunächst die Anforderungen aufgenommen. Diese werden immer weiter detailliert, bis auf der untersten Ebene klar beschrieben wird, wie eine Anforderung technisch umgesetzt werden soll.
  2. Die Spitze des V ist die eigentliche Implementierung, also die Programmierung bzw. Produktentwicklung. Hier entsteht das eigentliche Produkt.
  3. Die rechte Seite des V beschreibt, wie die entwickelten Einzelfunktionen getestet und zu einem Gesamtsystem zusammengefasst werden.

Die Typen des V-Modells

Wenn du in der Literatur oder im Netz Texte über das V-Modell liest, werden die unterschiedlichen Typen nicht immer sauber voneinander getrennt. Zwar gibt es Gemeinsamkeiten, trotzdem handelt es sich um unterschiedliche Modelle:

  1. Das allgemeine V-Modell: Dieser Ansatz wurde vom Wasserfallmodell abgeleitet und ist ein genereller Ansatz zur Softwareentwicklung. Im Englischen wird vom „V-Model“ gesprochen.
  2. Das V-Modell® der Bundesrepublik Deutschland: Dieses Modell wurde für staatliche Projekte in Deutschland entwickelt, ist der Entwicklungsstandard für öffentliche IT-Projekte und wird für öffentliche Ausschreibungen eingefordert. Seit 2005 ist das V-Modell® XT gültig (siehe weiter unten im Artikel).
  3. US-Standard: Auch in den USA wurde ein Standard für öffentliche Projekte entwickelt, der ebenfalls als V-Model bezeichnet wurde.

Wenn nicht anders erwähnt, beziehen wir uns in diesem Artikel auf das allgemeine V-Modell, das nicht als staatlicher Standard fungiert.

Die Phasen des V-Modells

Wie bereits oben beschrieben, besteht das V-Modell grob aus drei Bestandteilen:

  1. Die Entwurfsphase nimmt Anforderungen auf, übersetzt sie in einen Systementwurf, der im Top-Down-Prinzip immer weiter verfeinert wird.
  2. Während der Implementierung wird das Produkt entwickelt.
  3. In der Validierungsphase werden nach dem Bottom—Up-Prinzip Tests erst auf Komponenten- bis zur Systemebene vorgenommen, bis das Produkt schließlich abgenommen werden kann.

Die folgenden Abschnitte gehen detaillierter auf die einzelnen Phasen ein:

Entwurf

Die linke Seite des V beinhaltet mehrere Ebenen, die in einer Abhängigkeit zueinander stehen: Wenn sich auf einer der oberen Ebenen etwas ändert, müssen auch auf den darunter liegenden Ebenen Anpassungen vorgenommen werden.

  • Anforderungsanalyse: Einer der wichtigsten Schritte in jedem Software-Projekt beschäftigt sich mit der Bestimmung der Anforderungen: Was soll das fertige Produkt können?
  • Systementwurf: Wie können die gesammelten Anforderungen umgesetzt werden? Hier wird ein Design für das Gesamtsystem erstellt, je nach Projekt inklusive Organisation und grafischer Gestaltung.
  • Architektur: Auf der nächsten Detailebene wird das Gesamtsystem in Komponenten unterteilt und deren Schnittstellen und Abhängigkeiten beschrieben.
  • Komponentenspezifikation: Auf der untersten Ebene wird spezifiziert, wie die einzelnen Funktionen und Komponenten umgesetzt werden sollen.

Implementierung

Wie genau die Implementierungsphase umgesetzt wird, ist im V-Modell nicht vorgeschrieben. Es können verschiedene Techniken und Methoden der modernen Software-Entwicklung genutzt werden.

Validierung

Deutlich konkreter wird es auf der rechten Seite des V, auf der es um Tests und Validieren des entwickelten Systems geht. Die Tests auf der rechten Seite beziehen sich immer auf die jeweils gleiche Ebene auf der linken Seite.

  • Komponententest: Die kleinste Ebene der Software wird getestet.
  • Integrationstest: Auf der nächsthöheren Ebene wird getestet, ob verschiedene Module gemeinsam wie gewünscht funktionieren und beispielsweise Daten korrekt ausgetauscht werden.
  • Systemtest: Spätestens hier kommt der Kunde ins Spiel, der das System als Ganzes intensiven Testläufen unterzieht.
  • Abnahmetest: Der finale Test sollte in einer Umgebung stattfinden, die der späteren Produktivumgebung möglichst nah ist. Auch die Nutzer sollten möglichst den Endnutzern entsprechen, um ein möglichst aussagekräftiges Testergebnis zu erhalten.

Vor- und Nachteile des V-Modells im Projekt

Falls du jemals in die Verlegenheit kommst, deinen Chef vom V-Modell überzeugen zu wollen, kannst du folgende Vorteile erwähnen:

  • Da bereits früh Tests konzipiert werden, werden unvollständige Spezifikationen in einem frühen Stadium erkannt.
  • Das Modell ist insgesamt einfach aufgebaut und benötigt wenig Schulung für alle Beteiligten.
  • Da bereits vor der Implementierung sowohl Spezifikation als auch Tests erarbeitet werden, ist während der Entwicklung vergleichsweise wenig Kommunikation zwischen Entwicklern und Kunde nötig.
  • Teammitglieder, die für das Testen verantwortlich sind, werden bereits in frühen Projektphasen eingebunden.
  • Die Testabdeckung sowohl einzelner Komponenten als auch des gesamten Systems ist hoch.

Oft als „altes“ Modell bezeichnet, führen Kritiker eine Reihe von Nachteilen auf:

  • Das Modell fordert eine sehr ausführliche Dokumentation auf allen Ebenen.
  • Das lineare Vorgehen ist starr und wenig flexibel.
  • Das V-Modell wird besonders von Fürsprechern agiler Methoden kritisiert, da es den Prozess der Software-Entwicklung zu stark vereinfacht und Entscheider in falscher Sicherheit wiegen kann.
  • Es unterscheidet sich nicht grundlegend vom Wasserfallmodell, weshalb die gleichen Nachteile gelten, wie in diesem Artikel beschrieben.

Trotz der Nachteile: Bist du dir der Einschränkungen bewusst, dann kannst du das V-Modell nach wie vor sinnvoll im Projekt einsetzen – und sei es zur Ergänzung anderer Ansätze und zur Sicherung einer vollständigen Testabdeckung. Damit wärst du nicht allein: Das V-Modell wird in verschiedenen Branchen eingesetzt, zum Beispiel der Automobilindustrie oder in der Entwicklung von Medizintechnik. Es bietet sich überall dort an, wo komplexe Systeme entwickelt werden, die sich auf natürliche Weise hierarchisch in Komponenten und Unterkomponenten herunterbrechen lassen.

Das V-Modell® XT

Wie oben erwähnt, ist das V-Modell® nicht nur ein allgemeines Vorgehensmodell, sondern auch der Entwicklungsstandard für öffentliche Systementwicklungsprojekte der Bundesrepublik Deutschland. 2005 wurde das vorherige V-Modell® zum V-Modell® XT. Das XT steht hierbei für „Extreme Tailoring“ – es lässt sich leicht für die eigenen Bedürfnisse „maßschneidern“.

Mit dem recht simplen Modell in diesem Artikel hat dieser Entwicklungsstandard nur wenig zu tun. Statt „nur“ Entwurf- und Testaktivitäten auf mehreren Ebenen abzubilden, ist das V-Modell® XT ein umfangreiches Rahmenwerk mit Rollen, Produkten und Aktivitäten. Neugierig? Dann findest du auf der offiziellen Seite eine umfangreiche Dokumentation: https://www.cio.bund.de/Webs/CIO/DE/digitaler-wandel/Achitekturen_und_Standards/V_modell_xt/v_modell_xt-node.html

Achtung: Wenn du die gesamte Dokumentation lesen möchtest, solltest du etwas Zeit mitbringen.

Fazit

Das V-Modell ist ein besonders in der Software-Entwicklung bewährtes Vorgehensmodell. Im Gegensatz zum ebenfalls linearen Wasserfallmodell koppelt es Entwicklungsphasen direkt mit entsprechenden Testphasen. Auf der linken Seite des V-Modells werden Anforderungen und Systementwürfe immer weiter spezifiziert, während die rechte Seite den Test dieser Spezifikationen beschreibt. Das sorgt für eine gründliche Prüfung auf allen Ebenen und minimiert das Risiko von Fehlern. Trotz seiner starren Struktur kann das V-Modell, wenn man seine Grenzen kennt, eine sinnvolle Ergänzung besonders in Projekten sein, in denen eine hohe Testabdeckung wichtig ist.

Du willst mehr zum klassischen Projektmanagement wissen? Dann schau gern mal hier vorbei!

Fragen und Antworten

Was versteht man unter dem V-Modell?

Das V-Modell ist ein lineares Vorgehensmodell im Projektmanagement, das ein Projekt in fest definierte Phasen untergliedert. Im Vergleich zum ebenfalls linearen Wasserfallmodell ergänzt es Testphasen, die den jeweiligen Entwicklungsphasen gegenübergestellt sind.

Für welche Projekte ist das V-Modell geeignet?

Das V-Modell eignet sich besonders für IT-Projekte bzw. Softwareentwicklung. Allerdings kann das V-Modell auch für andere Projektarten angepasst werden (z.B. Change-Projekte, Organisationsprojekte oder Produktentwicklung).

Was ist das V-Modell XT?

Das V-Modell XT ist die Weiterentwicklung des offiziellen V-Modells der Bundesrepublik Deutschland. Das XT steht hierbei für „Extreme Tailoring“, wodurch es sich leicht auf die eigenen Bedürfnisse anpassen lässt.

Was sind die Vorteile beim V-Modell?

Da bereits früh Tests konzipiert werden, werden unvollständige Spezifikationen in einem frühen Stadium erkannt.
Das Modell ist insgesamt einfach aufgebaut und benötigt wenig Schulung für alle Beteiligten.
Da bereits vor der Implementierung sowohl Spezifikation als auch Tests erarbeitet werden, ist während der Entwicklung vergleichsweise wenig Kommunikation zwischen Entwicklern und Kunde nötig.
Teammitglieder, die für das Testen verantwortlich sind, werden bereits in frühen Projektphasen eingebunden.
Die Testabdeckung sowohl einzelner Komponenten als auch des gesamten Systems ist hoch.

Was sind die Nachteile des V-Modells?

Die Nachteile des V-Modells sind:
• Das Modell fordert eine sehr ausführliche Dokumentation auf allen Ebenen.
• Das lineare Vorgehen ist starr und wenig flexibel.
• Das V-Modell wird besonders von Fürsprechern agiler Methoden kritisiert, da es den Prozess der Software-Entwicklung zu stark vereinfacht und Entscheider in falscher Sicherheit wiegen kann.
• Es unterscheidet sich nicht grundlegend vom Wasserfallmodell, weshalb die gleichen Nachteile gelten, wie in diesem Artikel beschrieben.

Ist das V-Modell iterativ?

Das V-Modell kann iterativ – also in sich wiederholenden Schleifen angewendet. Allerdings ist das kein Muss.

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