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Artikel über die Todsünden im Projektmanagement

Aus Mega-Projekten lernen, Teil 3: 12 Todsünden, die Projektmanager vermeiden sollten

Auf einen Blick

Dieser dritte Teil unserer Serie baut auf den vorherigen Artikeln über Mindset und Best Practices auf und konzentriert sich darauf, welche Fallstricke Projektmanager meiden sollten. Die Erkenntnisse stammen aus dem McKinsey-Report „The art of project leadership: Delivering the world’s largest projects“ und beleuchten die Bedeutung von Führungskompetenzen bei der Bewältigung komplexer Projekte.

Welche Fehler solltest du auf jeden Fall vermeiden, wenn du dein Projekt erfolgreich abschließen möchtest? Dies ist der 3. Teil unserer Artikelserie über wichtige Erkenntnisse aus Ultra-Großprojekten, aus denen wir alle etwas lernen können.

In den ersten beiden Teilen hast du etwas über das richtige Mindset und Best Practices erfahren – nun geht es um Fehler, die vermieden werden müssen, um Projekte nicht entgleisen zu lassen.

Hintergrund:
Der McKinsey-Report „The art of project leadership: Delivering the world’s largest projects“ aus dem Jahr 2017 konzentriert sich auf die Bedeutung von Führungskompetenzen und organisatorischen Fähigkeiten bei der erfolgreichen Durchführung von extrem großen und komplexen Projekten. Diese Projekte haben oft Budgets von mehr als 5 Milliarden Dollar und benötigen mehr als fünf Jahre für Design, Planung und Bau.

1. Das Team nicht zum unternehmerischen Denken motivieren

Ein Projekt sollte wie ein „Unternehmen auf Zeit“ angesehen werden und demnach auch unternehmerisch geführt werden. In vielen Köpfen steckt hingegen noch eine traditionelle „Projektverwaltung“. Diese wichtige Todsünde wurde auch bereits bei den Mindset-Lektionen erwähnt.

Schlecht: „Wir haben Projekte schon immer so durchgeführt.“
Besser: „Wir motivieren das Team, unternehmerisch zu denken und Eigeninitiative zu zeigen.

2. Die Abwicklung komplett an Auftragnehmer delegieren

Wäre es nicht schön, einen Teil der Projektumsetzung vollständig an jemand anderen zu delegieren, und sich damit aus der Verantwortung zu stehlen? Nur … so funktioniert es leider nicht. Wer die Abwicklung des Projekts in Teilen oder komplett an Dienstleister delegiert, hat eben trotzdem noch den Hut auf.

Schlecht: „Es ist die Aufgabe des Auftragnehmers, das (Teil)Projekt pünktlich und im Budget abzuschließen.“
Besser: „Wir übernehmen die Verantwortung für das gesamte Projekt und arbeiten eng mit dem Auftragnehmer zusammen.“

3. Auftragnehmer für mangelnde Problemlösung beschuldigen

Etwas läuft nicht – also suchen wir die Schuld bei anderen. Der Auftragnehmer hat schließlich die Aufgabe bekommen, einen Teil des Projekts umzusetzen, richtig? Diese Denkweise ist bequem, bringt das Projekt aber selten weiter.

Schlecht: „Das läuft nicht, wir müssen den Druck erhöhen.“
Besser: „Wir arbeiten konstruktiv mit dem Auftragnehmer zusammen und schauen gemeinsam, wie wir die Leistung verbessern können.“

4. Blind Prozessen folgen

Es gibt einen Prozess, also muss er in allen Details befolgt werden? Das kann funktionieren, ein Projekt aber auch mächtig ausbremsen. In den Mindset-Lektionen aus dem McKinsey-Report wurde das Thema „Prozesse“ auch schon aufgegriffen mit der Erkenntnis: Prozesse sind gut, aber Abweichungen sollten nach sorgfältiger Prüfung möglich sein. Hier braucht es etwas Fingerspitzengefühl!

Schlecht: „Ich mag deine Idee, aber das geht nicht – passt nicht zum Prozess!“
Besser: „Wir prüfen auch unkonventionelle Lösungen.“

5. Fehlende Inspiration durch sinnstiftende Ziele

Eine fehlende Vision für das Team ist eine echte Todsünde, die sich stark in der Motivation deiner Leute niederschlagen kann. Oder wärst du motiviert, wenn es nur darum geht, dass andere richtig Geld scheffeln können?

Für manche Projekte klingt „sinnstiftendes Ziel“ und „inspirierende Vision“ nach etwas zu großen Worten – schließlich arbeitet nicht jeder an innovativen Technologien, die das komplette Leben revolutionieren können. Frage dich trotzdem: Was verbessert sich durch dein Projekt? Wer profitiert? Was motiviert? Manchmal sind es Kleinigkeiten, die sich positiv auf die Stimmung auswirken können.

Schlecht: „Unsere Leute sind allein durchs Geldverdienen motiviert.“
Besser: „Wir verdeutlichen stark den Sinn unserer Arbeit und können damit das Team begeistern.“

6. Falsches Sicherheitsgefühl durch Festpreisvertrag

Ein Risiko ist keines mehr, wenn es durch einen Festpreisvertrag mit einem Auftragnehmer „abgedeckt“ ist? Dieser Schuss kann nach hinten losgehen und zu erheblichen Verzögerungen im Projekt führen.

Schlecht: „Dieses Risiko ist kein Problem mehr, da der Auftragnehmer sich darum kümmert.“
Besser: „Auch bei Festpreisverträgen müssen wir mögliche Risiken und Probleme einkalkulieren und Vorsichtsmaßnahmen treffen.“

7. Einstellen von Mitarbeitern mit der falschen Einstellung

Was ist eigentlich wichtiger: Die am besten qualifizierten Leute einzustellen, oder diejenigen, die am besten zusammenarbeiten? Idealerweise funktioniert beides – doch nicht immer haben wir die Wahl. Die Interviewpartner im McKinsey-Report bringen als Learning ganz klar ein: Achte auf Soft Skills und Teamfähigkeit – wenn auch selbstverständlich nicht ausschließlich.

Schlecht: „Er ist nun einmal der Experte auf diesem Gebiet. Sein oft unmögliches Verhalten bekommen wir schon hin.“
Besser: „Er muss ins Team passen. Fachkenntnisse können wir entwickeln.“

8. Einbindung der Community vernachlässigen

Besonders bei Mega-Projekten wie riesigen Infrastrukturprojekten gibt es eine große Anzahl von Betroffenen wie Anwohnern oder bereits ansässigen Unternehmen. Eine Todsünde laut Report: Diese „Community“ zu ignorieren, weil „das alles schon geregelt ist“.

Nun mag dein Projekt vielleicht nicht solche Ausmaße annehmen, aber letztlich geht es auch hier wieder um eine zentrale Aufgabe: Stakeholdermanagement – und das wurde auch schon in den Best Practices als Erfolgsfaktor genannt.

Schlecht: „Die FID (Final Investment Decision) wurde vor dem Projekt getroffen. Wir können jetzt loslegen und müssen uns keine Sorgen mehr darüber machen.“
Besser: „Wir nehmen die Bedenken der Betroffenen ernst und beziehen sie aktiv ins Projekt ein, um die Akzeptanz und Unterstützung zu erhöhen.“

9. Mitarbeiter nur verwalten, anstatt sie zu führen und zu fördern

In vielen Köpfen steckt noch immer der Gedanke, Mitarbeiter müssen „funktionieren“ – schließlich werden sie für ihre Arbeit bezahlt. Weiterentwicklung ergibt sich von allein durch die Berufserfahrung. Doch nicht erst in Zeiten des Fachkräftemangels sollte klar sein: Alle profitieren davon, wenn Mitarbeiter nicht nur verwaltet werden.

Schlecht: „Das Team wird die Ergebnisse liefern; allein durch die Erfahrungen im Projekt wird es sich weiterentwickeln.“
Besser: „Wir investieren in die Weiterentwicklung unserer Leute und schaffen ein positives Arbeitsumfeld.“

10. Entscheidungsbefugnisse nicht auf die niedrigste mögliche Ebene delegieren

Bereits in den Best Practices aus dem McKinsey-Report wurde das Thema Entscheidungsfindung erwähnt:

„Die meisten Projekte sind nicht wegen eines einmaligen Ereignisses in Verzug, sondern wegen einer Reihe von Verzögerungen bei der Lösung kleinerer Fragen und Probleme.“

Ghassan Ziadat, Vice President Capital Projects & Infrastructure Practice, McKinsey & Company

Die Empfehlung: Es sollte immer versucht werden, Entscheidungen auf die niedrigstmögliche Ebene zu delegieren, um Verzögerungen zu vermeiden. Dafür braucht es nicht nur klare Prozesse, sondern auch Vertrauen in kompetente Mitarbeiter.

Schlecht: „Das ist über meiner Gehaltsstufe, spricht mit meiner Chefin darüber.“
Besser: „Wir fördern teamübergreifende Entscheidungsfindung und befähigen Mitarbeiter, eigenständig Verantwortung zu übernehmen.“

11. Durch eigene Überreaktion auf schlechte Nachrichten übervorsichtiges Verhalten bei den Mitarbeitern erzeugen

Eine weitere Todsünde: Bei einem Problem wird ein Projektmanager übervorsichtig und hektisch. Er möchte erst alle Details verstehen, bevor er die schlechten Nachrichten „nach oben“ weitergibt – wodurch wiederum das Team ängstlich und zögerlich wird.

Schlecht: „Wir müssen das Problem erst besser verstehen, bevor wir den Owner/Auftraggeber informieren.“
Besser: „Wir kommunizieren immer offen und transparent und erarbeiten gemeinsam Lösungen.“

12. Nach jedem Rückschlag einen Review starten

Auch diese Todsünde wurde bereits bei den Mindset-Lektionen erwähnt: Das Starten eines Reviews bei jedem kleinen Problem, um die Führungsetage zufriedenzustellen.

Zwar werden Reviews oft mit guten Absichten durchgeführt, erweisen sich aber aus den Praxis-Erfahrungen selten als wertvoll – schließlich finden sie in der Regel genau dann statt, wenn das Projekt sie gerade am wenigsten bewältigen kann. Außerdem lenken sie oft einen großen Teil der Organisation von den eigentlichen Aufgaben ab. Erst die Probleme Lösen, einen Review kann man zur Not später immer noch nachholen.

Schlecht: „Ein Review wird die Auftraggeber und Partner zufriedenstellen.“
Besser: „Wir vertrauen weiterhin dem Team und setzen den Fokus auf kontinuierliche Verbesserung.“

Fazit

Diese „Todsünden“ können nach den Erfahrungen der befragten Projektdirektoren das Scheitern von Projekten erheblich begünstigen. Auch wenn du dich womöglich nicht bei allen dieser Punkte wiederfindest: Fühlst du dich nicht auch bei einem oder mehreren zumindest ertappt?

Logisch: Es gibt viele weitere Faktoren, die zum Scheitern eines Projekts führen können. Trotzdem bieten die vorgestellten Todsünden einen guten Ausgangspunkt für die Reflexion und Verbesserung des eigenen Führungsverhaltens.

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