Auf einen Blick
Kamera an oder aus in Videokonferenzen – das ist hier die Frage! Beides hat Vor- und Nachteile, und letztlich kommt es die Arbeitsweise der Beteiligten und des gesamten Teams an, was am besten funktioniert. Dieser Artikel fasst mögliche Ansätze zusammen, wie es mit produktiven Online-Meetings klappt.
Wie wäre es, wenn du in einem Meeting sitzt, und sich alle Beteiligten unter dem Tisch verstecken? Oder vielleicht ein Blatt Papier vors Gesicht halten, sodass du ihre Gesichter nicht siehst? Genauso kann es sich in Videokonferenzen anfühlen: Wenn die Kameras ausgeschaltet sind, redest du mit anonymen Rechtecken und fragst dich zu Recht, ob dir überhaupt jemand zuhört. Das klingt vertraut?
Online-Meetings ohne Blickkontakt können negative Auswirkungen auf die gesamte Meeting-Dynamik haben. In diesem Artikel gehen wir dem Problem auf den Grund und finden bewährte Strategien, damit die Kameras häufiger eingeschaltet werden.
Warum die Kamera oft ausbleibt
Viele Teilnehmer deaktivieren ihre Kamera in Videokonferenzen – aus den verschiedensten Gründen:
- Technische Probleme: Mangelhafte Internetverbindung oder schlechte Kameraqualität können abschreckend wirken. Das Motto: „Ich schalte besser aus, bevor mich alle nur abgehackt hören“.
- Datenschutzbedenken: Die Angst vor ungewollter Überwachung oder dem Eindringen in die Privatsphäre spielt für manche eine große Rolle.
- Sorge vor Ablenkung: Wenn sich Teilnehmer stark durch ihre Umgebung abgelenkt fühlen, kann die Kamera eine zusätzliche Störung darstellen. Manche können sich einfach besser konzentrieren, wenn die Kamera abgeschaltet ist.
- Unsicherheit: Zurückhaltende Teilnehmer können sich im Rampenlicht der Kamera unwohl fühlen und negative Beurteilung fürchten.
- Störende Umgebung: Besonders im Homeoffice kann es sich seltsam anfühlen, Teammitgliedern einen Einblick ins Privatleben zu geben.
- Gewohnheit: In vielen Unternehmen und Teams ist die Nutzung der Kamera in Online-Meetings schlichtweg nicht üblich.
Auch ein Thema: Zoom Fatigue
Zu den Punkten oben kommt dazu: Laut einer Untersuchung der Universität Zürich berichten Teilnehmer mit eingeschalteter Kamera von höherer Erschöpfung am Ende des Meetings. Die Annahme der Forscher: Die ständige Selbstdarstellung und der Fokus auf andere Gesichter im Videobild führen zu einer höheren kognitiven Belastung.
Das Thema Zoom Fatigue sollte also bedacht werden: Zoom-Müdigkeit entsteht durch folgende Mechanismen:
- „Ich sehe und bewerte ständig mein eigenes Spiegelbild.“
- „Ich fühle mich körperlich vor der Kamera gefangen.“
- „Ich werde ständig von vielen beobachtet.“
- „Ich muss ständig eine Vielzahl nonverbaler Informationen verarbeiten“.
Was machen wir daraus? Ist es also sinnvoll, die Kameras ausgeschaltet zu lassen? Dummerweise entstehen dadurch so einige Nachteile.
Die Nachteile von ausgeschalteten Kameras
Es ist eben doch ein Unterschied, wenn wir uns nur auf der Tonspur wahrnehmen und uns nicht gegenseitig sehen können. Mimik und Gestik gehen verloren; vielen fällt es schwer, die Aufmerksamkeit beim Thema zu behalten. Und wie kann eigentlich eine Beziehung zu Menschen aufgebaut werden, die ich nie sehe?
Das sind die Nachteile zusammengefasst:
- Verringerte Kommunikation: Ohne visuelle Signale wie Mimik und Gestik leidet die nonverbale Kommunikation. Missverständnisse und Fehlinterpretationen nehmen zu.
- Gedrückte Stimmung: Die Atmosphäre im Meeting wirkt oft steif und unpersönlich, wenn nur leere Profilbilder zu sehen sind.
- Passive Teilnehmer: Wer sich nicht beobachtet fühlt, fällt leichter in eine passive Rolle – Motivation und Engagement der Teilnehmer sinken.
- Ineffiziente Zusammenarbeit: Die Zusammenarbeit in Gruppenarbeiten und Brainstorming-Sessions wird durch fehlende visuelle Unterstützung erschwert.
- Mangelndes Vertrauen: In Teams, in denen die Kameras standardmäßig ausgeschaltet sind, kann es schwieriger sein, Vertrauen und Zusammenhalt aufzubauen.
So animierst du Teilnehmer zum Mitmachen
Nun weißt du also: Ausgeschaltete Kameras haben negative Effekte – aber einige Teilnehmer haben vermutlich gute Gründe, die Kamera zu deaktivieren. Falls du trotzdem Überzeugungsarbeit leisten möchtest, könntest du folgende Strategien anwenden:
- Schaffe eine positive Atmosphäre: Starte das Meeting mit einem Lächeln, begrüße jeden Teilnehmer persönlich und sorge für eine lockere und freundliche Stimmung.
- Betone die Vorteile: Erkläre den Teilnehmern, warum die aktive Beteiligung mit Video die Kommunikation verbessert, die Zusammenarbeit effektiver gestaltet und ein besseres Verständnis füreinander ermöglicht.
- Gehe auf Bedenken ein: Biete alternative Beteiligungsmöglichkeiten für zurückhaltende Teilnehmer oder solche mit technischen Problemen an. Die Küche im Hintergrund ist nicht aufgeräumt? Zeige noch einmal, wie virtuelle Hintergründe selbst das größte Chaos ausblenden können.
- Sei ein Vorbild: Schalte deine eigene Kamera immer ein und nutze die Videofunktion aktiv während des Meetings.
- Verstärke positiv: Lobe Teilnehmer, die ihre Kamera aktivieren, offen und ehrlich. So zeigst du anderen Teilnehmern, dass du ihr Engagement schätzt.
- Mach es zur Regel: In manchen Unternehmen oder Teams kann es sinnvoll sein, die Nutzung der Kamera in Online-Meetings zur Regel zu erklären. Kommuniziere die Regeln transparent und sei konsequent in der Durchsetzung.
Gibt es Mittelwege?
Vermutlich wirst du es nicht immer allen recht machen können. Stell dir folgendes Team vor:
Jonas als Meeting-Leiter möchte gern alle Beteiligten immer sehen, weil er sonst das Gefühl hat, dass sich alle mit anderen Themen beschäftigen.
Sophia mag es auch im „wahren Leben“ nicht besonders, wenn alle sie anstarren. Sie bevorzugt deshalb die ausgeschaltete Kamera.
Felix kann sich schon seit der Schulzeit besser konzentrieren, wenn er auf der Tonspur zuhört, statt interaktiv in Gruppen zu arbeiten.
Özlem fühlt sich motiviert, wenn sie die Gesichter der anderen sieht, und kämpft bei leeren Profilbildern mit ihrer Motivation.
Du siehst: Jeder hat für sich gute Gründe, die Kamera ein- oder auszuschalten. Im Beispiel geht es für alle darum, ihre eigene Arbeitsweise zu optimieren, nicht anderen etwas aufzuzwingen.
So kannst du in deinem Team vorgehen, um gute Lösungen zu finden:
- Reden: Kommunikation ist alles! Tauscht euch darüber aus, warum euch die ein- oder ausgeschaltete Kamera wichtig ist. Sobald ihr eure jeweiligen Motive kennt, könnt ihr auch eher Verständnis füreinander aufbringen.
- Regeln: Schafft Spielregeln, an die sich alle halten. Wie wäre es mit einer eingeschalteten Kamera zu Beginn? Zu bestimmten Tagesordnungspunkten? Können „Kamera-aus“-Zeiten durch interaktive Elemente wie Abstimmungen aufgelockert werden, sodass eine aktive Teilnahme sichergestellt ist? Überlegt gemeinsam, was für euer Team passen könnte.
Übrigens:
Natürlich ist es eine super Sache, wenn wir verständnisvoll miteinander umgehen und versuchen, möglichst auf alle Bedürfnisse einzugehen. Funktionieren allerdings Meetings ohne Kamera erfahrungsgemäß nicht, kann auch durchaus mal eine klare Ansage „Alle Kameras sind an!“ helfen. In „echten“ Meetings kann schließlich auch nicht jeder machen, wie es ihm am liebsten ist. Überlege, wie deine Leute ticken und ob du eher mit klaren Regeln oder Verständnis zum Ziel kommst.
Fazit
Wie so oft: Es gibt keine eindeutige Lösung, die für alle in allen Situation passt. Während eingeschaltete Kameras in Online-Meetings zu einer verbesserten Kommunikation und Zusammenarbeit führen können, gibt es auch Nachteile bezogen auf das Wohlbefinden und die Konzentration. Eine ausgeschaltete Kamera kann daher beides bedeuten: „Ich interessiere mich nicht für das Thema und beschäftige mich mit anderem“ oder „Ich kann mich so besser konzentrieren und mitdenken.“
Letztendlich geht es nur so: Achte darauf, die Bedürfnisse und Bedenken aller Teilnehmer zu berücksichtigen. Es wird nie DIE perfekte Lösung für alle geben, stattdessen sind flexible Regelungen und ein respektvoller Umgang miteinander der Schlüssel zu erfolgreichen Online-Meetings, in denen jeder seinen Beitrag leisten kann.