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Gleiche Risiken im Projekt

Copy-Paste-Risiken? Ein Warnsignal im Risikomanagement

Für Eilige: Alles Wichtige auf einen Blick

Was ist das Problem?
Viele Risikoanalysen sind reine Copy-Paste-Übungen. Sie sehen zwar auf den ersten Blick sinnvoll aus, bringen dem Projekt aber kaum echten Mehrwert.
Warum ist das Thema wichtig?
Weil oberflächliches Risikomanagement zwar beruhigt, aber keine Sicherheit schafft und genau dann versagt, wenn es wirklich brenzlig wird.
Die wichtigsten Learnings:
➜ Alte Risikoanalysen sind keine Vorlage, sondern Inspiration. Prüf, was noch relevant ist.
➜ Hol dir frische Perspektiven ins Boot. Andere sehen Risiken, die du übersiehst.
➜ Eine gute Risikoanalyse lebt und wird laufend angepasst.

Stell dir vor, du übernimmst ein laufendes Projekt, öffnest die Datei mit der Risikoanalyse und hast das Gefühl: „Das kommt mir irgendwie bekannt vor.“ Da stehen Punkte wie:

  • Kommunikationsprobleme im Team
  • Mögliche Terminverzögerungen
  • Ressourcenengpässe
  • Änderungswünsche durch den Kunden
  • Budgetüberschreitung

Mal abgesehen davon, dass einige dieser Risiken nicht gut formuliert sind: Hier stehen genau die gleichen fünf Risiken wie im letzten Projekt! Außerdem fehlen Kontext, Bewertung und Maßnahmen. Ganz klar: So eine Risikoanalyse hilft niemandem und ist nicht mehr als eine Pflichtübung für die Ablage.

Aber warum passiert das so oft – und wie geht es besser? In diesem Artikel findest du Beispiele und Anregungen!

Hinweis

Stark regulierte Großprojekte wie zum Beispiel etwa in der Pharma-, Energie- oder Luftfahrtbranche sind für dieses Problem meist weniger anfällig. Dort gehört ein strukturiertes Risikomanagement zur Pflicht und hat einen hohen Stellenwert.
Dieser Artikel richtet sich vor allem an all die Projekte, in denen alle glauben, „das läuft schon“ – also an die oft mittelgroßen Projekte, in denen das Thema Risikomanagement schnell mal auf der To-do-Liste nach unten rutscht.

Warum das passiert: Typische Ursachen

Es ist gar kein böser Wille, wenn in Risikoanalysen immer wieder dieselben Punkte auftauchen. Meist steckt keine Faulheit dahinter, sondern Routine, Zeitdruck und das oft trügerische Gefühl, alles im Griff zu haben. Hier kommen die vier häufigsten Gründe – Beispiele aus dem Projektalltag inklusive:

1. Die Copy-Paste-Falle

Eine Risikoanalyse von Null beginnen? Ist aufwändig und muss doch nicht sein, oder?
„Das haben wir beim letzten Mal auch so gemacht, das passt schon so.“ Klingt pragmatisch, ist aber gefährlich.

Viele Teams übernehmen alte Risiko-Listen einfach eins zu eins, ändern vielleicht zwei Formulierungen und haken das Thema ab. So bleibt das Gefühl: „Risikoanalyse – super, haben wir erledigt.“

Beispiel

Ein Team kopiert die Risikoanalyse des letzten Softwareprojekts. Dort stand: „Lieferverzögerungen durch externe Dienstleister“. Nur: Im neuen Projekt wird alles intern entwickelt. Das Risiko existiert gar nicht, aber steht trotzdem als Ballast in der Liste.

2. Betriebsblindheit

„Wir wissen ja, was schiefgehen kann.“ Das stimmt oft, aber eben nur aus der eigenen Perspektive. Wenn immer dieselben Leute dieselben Listen erstellen, sehen sie auch dieselben Dinge. Ohne Blick von außen werden wichtige Risiken schnell übersehen.

Beispiel

Das Projektteam ist überzeugt, die größten Risiken im Blick zu haben. Dann kommt jemand aus dem Support und sagt: „Und was machen wir, wenn die neue Software bei 500 gleichzeitigen Nutzern abstürzt?“ Diesen Punkt hatte niemand bedacht, weil das Team einen Anstieg der Nutzerzahlen nicht auf dem Schirm hatte.

3. Fehlende Aktualisierung

Viele Risikoanalysen werden erstellt und nie wieder angefasst: „Das passt schon noch, das war ja letztes Jahr auch so.“ Die Rahmenbedingungen ändern sich, die Risiken sind allerdings veraltet.

Beispiel

Ein Bauprojekt führt „Lieferengpässe durch Pandemie“ als Risiko. Ein Jahr später ist das Thema längst durch, aber inzwischen droht ein neues Risiko: Fachkräftemangel. Steht natürlich nicht drin, weil niemand die Analyse aktualisiert hat.

4. Zu allgemeine Formulierungen

„Ressourcenengpässe“ – aha. Und was genau heißt das? Viele Risiken sind so vage formuliert, dass sie niemandem helfen. Sie beschreiben keine konkrete Situation und können damit auch nicht durch eine zielgerichtete Maßnahme verringert werden.

Beispiel

In der Risikoanalyse steht: „Kommunikationsprobleme“. Aber was heißt das konkret? Fehlende Meetings? Unklare Aufgaben? Solange das nicht greifbar ist, bleibt das Risiko eine Worthülse.

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Learning
Viele Risikoanalysen sind nicht falsch, nur zu bequem gedacht. Sie beruhigen vielleicht das Gewissen („Ich hab meinen Job gemacht“), helfen aber dem Projekt nicht weiter.

Mooooment …

„Na ja, es funktioniert ja auch so, dann kann es ja so schlimm nicht sein“ oder „Für mich lohnt sich der Aufwand nicht, ich hab Wichtigeres zu tun.“ Solche Gedanken sind oft die Begründung, wenn Risikoanalysen als Pflichtübung durchgeführt werden. Und klar: Wenn alles läuft, fühlt man sich auch schnell bestätigt!

Aber Vorsicht: Die Routine ist trügerisch. Oberflächliches Risikomanagement ist kein Zeichen von Stabilität, sondern von Glück. Solange nichts Ungewöhnliches passiert, fällt es nicht auf. Doch sobald sich etwas ändert, zeigt sich, wie dünn das Sicherheitsnetz wirklich ist.

Ein frischer Blick: Wie du wirklich neue Risiken entdeckst

Du willst den Tunnelblick loswerden und eine echte neue Risikoanalyse für dein Projekt erstellen? Dann lass uns mal die Scheuklappen abnehmen! Hier sind vier Wege, wie du frischen Wind in deine Risikoanalyse bringst:

1. Erfahrungswissen nutzen – aber bewusst

Bisher klang es so, als wären alte Risikoanalysen nur Ballast – aber das muss nicht so sein! Wenn du sie richtig nutzt, kannst du sie als Zeitsparer für dein eigenes Projekt nutzen. Statt einfach zu kopieren, stell dir Fragen wie:

  • „Ist das heute wirklich noch relevant?“
  • „Was haben wir damals übersehen?“
  • „Was davon ist diesmal anders?“

Beispiel

Ein Unternehmen vergleicht seine letzten drei IT-Projekte und stellt fest: In allen drei Fällen war das größte Risiko nicht „fehlende Ressourcen“, sondern „unklare Prioritäten“. Daraufhin wird das Thema in der aktuellen Risikoanalyse bewusst höher bewertet.

2. Denk in Szenarien, nicht in Kategorien

Viele Risikoanalysen bestehen aus wenig greifbaren Stichwörtern, wie zum Beispiel „Lieferanten“, „Budget“ oder „Kommunikation“. Solche Begriffe sind nichtsagend und oberflächlich. Frag lieber: „Was wäre, wenn …?“

Beispiel

„Was wäre, wenn unser wichtigster Lieferant morgen insolvent ist?“ Oder: „Was wäre, wenn unser Product Owner für drei Monate ausfällt?“ Solche Szenarien machen Risiken greifbar und machen es leichter, zielgerichtete Maßnahmen zu definieren.

3. Mit kleinen Methoden neue Denkräume öffnen

Manchmal hilft es, die Routine kurz zu brechen. Drei einfache Ideen:

  • Pre-Mortem: Stell dir vor, das Projekt ist grandios gescheitert. Warum?
  • „Wie ruinieren wir das Projekt?“: Eine spielerische Methode, die zu erstaunlich viel Ehrlichkeit inspiriert.
  • Risikokarten oder Workshop-Spiele: Jeder zieht ein Themenfeld (zum Beispiel Team, Technik oder Umfeld) und identifiziert dazu mögliche Stolpersteine.

Beispiel

In einem Workshop kam beim „Wie ruinieren wir das Projekt?“-Spiel plötzlich die Idee auf: „Wir könnten unsere wichtigsten Entscheidungen immer schön aufschieben.“ Ergebnis: Das Team definiert verbindliche Deadlines und Entscheidungsprozesse, will damit das Zeitrisiko drastisch reduzieren.

4. Perspektivwechsel provozieren

Lade bewusst Personen ein, die normalerweise nicht an der Risikoanalyse beteiligt sind: Support, Einkauf, Fachabteilung, Kundenvertreter. Frag sie ganz einfach: „Was könnte aus eurer Sicht schiefgehen?“

Beispiel

Das Projektteam eines neuen Produkts bezieht dieses Mal den Kundenservice mit ein. Der erste Satz: „Schön und gut, aber jetzt ist die Zielgruppe ja international. Dafür sind wir noch gar nicht aufgestellt.“ Das Risiko „Schulungsmaterialien in mehreren Sprachen zu spät verfügbar“ war noch nicht in der Liste und wurde sofort aufgenommen.

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Frische Risiken entdeckst du dann, wenn du Routinen aufbrichst, zum Beispiel durch neue Perspektiven, echte Szenarien und ein bisschen Mut, mal anders zu denken. 

Fazit

Wenn in deiner Risikoanalyse immer wieder dieselben Punkte stehen, ist das oft kein Zeichen von Routine, sondern kann ein Warnsignal für Betriebsblindheit sein. Denn: Eine gute Risikoanalyse ist kein Dokument für die Ablage, sondern sollte während des Projekts wachsen und unterstützen.

Keine Frage: Niemand hat Lust, jedes Mal bei Null anzufangen. Aber der Aufwand alles noch einmal zu hinterfragen lohnt sich: Je ehrlicher und konkreter du Risiken betrachtest, desto weniger wirst du später davon überrascht. Und genau das ist der Unterschied zwischen „Wir hatten halt Pech“ und „Wir waren drauf vorbereitet“. Also: Weg mit den Copy-Paste-Listen, her mit frischem Denken!

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