Auf einen Blick
Ein Führungsstil, der für alle gleichermaßen geeignet ist? Das ist schwierig! Dieser Artikel beleuchtet den situativen Führungsstil und erklärt, nach welchen Kriterien du deine Mitarbeiter bewertest und ihnen das richtige Maß an Führung zukommen lässt.
Bist du Führungskraft?
Als Projektmanager bist du das in der Regel automatisch, auch wenn rein formal der Begriff eher für Abteilungs- oder Teamleiter angewendet wird.
Wenn wir das allerdings etwas gelassener sehen, dann bist du als Projektmanager auch immer eine Führungskraft – schließlich führst du ein Team. Möchtest du das Beste aus deinen Leuten herauskitzeln? Garantiert! Um das zu tun, gibt es verschiedene Führungsstile – eine Menge davon: Autoritär, autokratisch, patriarchalisch, kooperativ, demokratisch, bürokratisch, charismatisch, Laissez-faire … und wie sie alle heißen.
Musst du die alle kennen? Es ist zumindest sinnvoll, davon gehört zu haben. Wirklich wichtig ist aber das Wissen darüber, welchen Führungsstil du nun anwenden sollst. Genau darum geht es in diesem Artikel.
Was ist ein Führungsstil?
Was ist eigentlich ein Führungsstil? Auf Wikipedia findest du folgende Definition:
„Der Begriff Führungsstil bezeichnet ein langfristiges, relativ stabiles, von der Situation unabhängiges Verhaltensmuster einer Führungskraft, das zugleich die Grundeinstellung gegenüber den Mitarbeitern zum Ausdruck bringt.“
Alles klar? Es geht ganz einfach darum, wie du mit deinen Leuten umgehst: wie du Aufgaben verteilst und dich ihnen gegenüber verhältst.
Welcher ist der richtige Führungsstil?
Es gibt unterschiedlichste Führungsstile, die sich vor allem im Grad unterscheiden, wie viel Mitspracherecht der Mitarbeiter besitzt. Mehr Informationen findest du ebenfalls im Wikipedia-Artikel.
Im Zitat steht etwas von einem „von der Situation unabhängigen“ Verhaltensmuster. Bedeutet das, dass der Führungsstil immer gleich bleibt? Nach ursprünglicher Definition schon. Aber ist es überhaupt sinnvoll, ständig einen gleichbleibenden Führungsstil anzuwenden?
Schauen wir uns drei Beispiele an:
- In deinem Team gibt es einen Überflieger, der alle Aufgaben extrem schnell und zuverlässig erledigt. Würdest du ihn ebenso führen wie einen Neuling, der sich noch sehr unsicher verhält?
- Ein Mitarbeiter ist Experte auf einem Gebiet, hat allerdings noch nie ein Teilprojekt geleitet. Je nach Aufgabe kannst du gezielt deinen Führungsstil anpassen.
- Zwei Teammitglieder sind ähnlich kompetent, jedoch ist einer von beiden deutlich engagierter. Mittels situativer Führung gehst du unterschiedlich auf die Mitarbeiter ein.
Du siehst: Je nach Kompetenz oder Erfahrung ist sinnvoll, deine Mitarbeiter unterschiedlich zu führen – und genau hier kommt der situative Führungsstil ins Spiel.
Was ist der situative Führungsstil?
Beim situativen Führungsstil passt du (ganz dem Namen entsprechend) deine Führung der jeweiligen Situation an. Das allein klingt noch reichlich oberflächlich, was also heißt das genau?
Ganz einfach: Als Basis für den richtigen Umgang mit dem Mitarbeiter wird der sogenannte Reifegrad verwendet. Um diesen zu bestimmen, kannst du zwei Kriterien nutzen:
1. Die Fähigkeit
Auch: Kompetenz
Wie gut ist der Mitarbeiter ausgebildet? Was kann er? Wie gut kann er eine konkrete Aufgabe ausführen?
2. Die Motivation
Auch: Engagement
Wie motiviert ist der Mitarbeiter? Denkt er eigenständig mit?
Hier kannst du sehen, dass der Reifegrad eines Mitarbeiters nicht immer gleich sein muss: Ein Mitarbeiter könnte für eine Aufgabe qualifiziert sein – für eine andere nicht. Oder er erledigt eine Aufgabe eher lustlos, während er für eine innovative Sache brennt.
Jetzt könntest du sagen, dass es vollkommen selbstverständlich ist, situationsabhängig zu führen und nicht einen bestimmten Stil „auf Teufel komm raus“ durchzuziehen. Und damit hast du recht! In moderner Literatur wird dieser Stil deshalb auch nicht ohne Grund empfohlen.
Aufgaben- und mitarbeiterbezogene Führung
In diesem Führungsstil wird nach aufgaben- und mitarbeiterbezogener Führung unterschieden. Was heißt das?
- Aufgabenbezogene Führung: Wie der Name schon sagt: Hier geht es um die Aufgabe an sich. Es geht um Vorgaben, Zielsetzungen und klare Erwartungen.
- Mitarbeiterbezogene Führung: Die mitarbeiterbezogene Führung bezieht sich auf den persönlichen Kontakt. Wertschätzung und Unterstützung sind hierbei sehr wichtig.
Diese Unterscheidung benötigst du für das Wissen, wie du mit den verschiedenen Typen umgehst:
Der situative Führungstil: 4 Mitarbeiter-Typen und der optimale Umgang
Um dir die Arbeit mit dem situativen Führungsstil zu erleichtern, gibt es praktische Ansätze für den optimalen Umgang mit unterschiedlichen Mitarbeitertypen.
Gruppe 1: Weder fähig noch motiviert
Ansatz: Diktieren
Sind wir mal ehrlich: Wenig kompetente und unmotivierte Mitarbeiter gehören sicher nicht zu unserem Traum-Team. Trotzdem können wir es uns nicht immer aussuchen. Was als tun? Du machst deinem Mitarbeiter genaue Vorgaben. Du weist an und erwartest, dass die Aufgaben genau auf diese Weise erledigt werden. Überwache regelmäßig den Fortschritt. Dein Führungsstil ist sehr aufgabenbezogen.
Gruppe 2: Wenig fähig, aber motiviert
Ansatz: Argumentieren
Dieser Mitarbeiter lernt (noch). Stehe ihm zur Seite, erkläre deine Entscheidungen und leite an. Profitiere von der Motivation. Wenn alles gut läuft, hast du bald einen Mitarbeiter der Gruppe 4 aus ihm gemacht. Du arbeitest stark mit aufgaben- und mitarbeiterbezogener Führung: Du bist nah an ihm dran und nutzt sowohl klare Vorgaben als auch persönlichen Kontakt.
Gruppe 3: Fähig, aber unmotiviert
Ansatz: Partizipieren
Solche Kandidaten könnten gut arbeiten, wollen aber nicht – zumindest nicht immer. Beteiligte sie an deinen Entscheidungen, um ihre Motivation zu erhöhen. Als erfolgreicher Verkäufer könntest du schon bald von der Kompetenz des Mitarbeiters profitieren. Bei solchen Mitarbeitern kannst du die aufgabenbezogene Führung langsam abschwächen – der weiß schon, was er tut. Trotzdem arbeitest du stark mitarbeiterbezogen, um ihn zu motivieren.
Gruppe 4: Fähig und motiviert
Ansatz: Delegieren
Hier kannst du dem Mitarbeiter komplett die Verantwortung für eine Aufgabe übertragen und darauf bauen, dass sie erfolgreich umgesetzt wird. Das Verhältnis ist meist von gegenseitigem Vertrauen geprägt. Dein Mitarbeiter braucht weder klare Vorgaben noch eine besondere Zuwendung. Aufgaben- und mitarbeiterbezogene Führung sind gering ausgeprägt.
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In der Praxis
Du hast in den vorigen Abschnitten gesehen: Je nach Gruppe wendest du also eher einen autoritären oder kooperativen Stil an. Je höher der Reifegrad des Mitarbeiters, desto weniger musst du ihn „an die Hand nehmen“ und desto mehr kannst du ihm die Verantwortung für Aufgaben übertragen.
Zur Beruhigung: Du musst zukünftig nicht anfangen, deine Mitarbeiter wöchentlich (oder gar für jede Aufgabe einzeln) zu analysieren, dann einen Führungsstil planen, ihn umsetzen und den Erfolg kontrollieren. Dieses Vorgehen würde zwar zum Qualitätsmanagement passen, hat aber im Bereich Führung nichts zu suchen. Mache dir stattdessen immer wieder den Reifegrad deiner Teammitglieder bewusst und überlege, mit welchen Mitteln du deine Mitarbeiter am besten einsetzen kannst.
Fazit
Der situative Führungsstil ist der einzige der vielen Führungsstile, der dauerhaft sinnvoll ist. Warum? Weil er nicht von der Führungskraft oder dem Umfeld abhängt, sondern von den Fähigkeiten und der Motivation der Mitarbeiter. So individuell wir alle sind: Warum sollte ein einziger Führungsstil auch für alle passen? Mit Hilfe von situativer Führung kannst du dein Verhalten optimal auf den jeweiligen Mitarbeiter anpassen.
Hallo Andrea
Interessante Übersicht, wie immer kurzweilig geschrieben.
Soeben gesehen: Subtitel bei Gruppe 1 lautet wohl korrekt „diktieren“ anstelle von „delegieren“ (dann übereinstimmend zum Schema)… ;-)
Stimmt! Vielen Dank für den Hinweis – hab ich angepasst :-)
Hallo Andrea,
Danke sehr anschaulich erklärt. Mir gefällt vor allem dein Style bei Grafiken und Diagrammen. :-)
Gruss Nils
Vielen Dank für das Lob – und schau doch gern mal wieder rein :-)
Super Artikel! Schön anschaulich erklärt – ist bei mir direkt ins Pocket gewandert. Danke!
Hallo Andrea , finde ich gut. Gut dargestellt .
☺
Hallo Andrea,
mir gefällt besonders gut, dass du aufgezeigt hast, dass man seinen Führungsstil von Mensch zu Mensch anpassen sollte. Dies geht weit darüber hinaus, was für heutzutage unter „Team chemistry“ verstehen. Denn nicht jeder Mensch ist gleich. Und das sich einige Führungskräfte damit schwertun, sich auf jeden Mitarbeiter oder auf Gruppen einzustellen mag daran liegen, dass sie es nicht gewohnt sind.
Viele Ratgeber sagen Führungskräften, dass sie entweder autoritär führen, oder kooperativ. Aber sie unterscheiden nur nach Führung an sich, nicht danach welcher Typ Mensch dieser Führung ausgesetzt ist. Denn selbst die kooperativste Führung – und ich halte viel davon – wird bei ignoranten Kollegen scheitern.
Genau zu wissen, mit wem man es zu tun hat, entscheidet über den Erfolg der eigenen Führung. Und macht sie zudem weniger Standard und übergreifend.
Alles Liebe,
Christian W. Hinze
Hallo Christian,
ich denke auch, die „alte“ Theorie hat nur einen Teil der Führung betrachtet. Sicher mag es in manchen Situationen angemessen sein, ausschließlich autoritär oder kooperativ zu führen – die Mehrheit der Fälle sieht aber anders aus. Also machen wir es doch wie immer im Leben: Die Lage anschauen und entsprechend reagieren und handeln.
Viele Grüße
Andrea