Für Eilige: Alles Wichtige auf einen Blick
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Change Management gilt als eines der angesagtesten Themen überhaupt – wen wundert’s? In Zeiten immer kürzerer Produktzyklen und schnellem technologischen Fortschritt überleben die Unternehmen, die sich schnell an veränderte Marktbedingungen anpassen können.
Aber was hat das mit Projekten zu tun?
Change Management und Projektmanagement
Im Gegensatz zu Routineaufgaben im Unternehmen beschäftigt sich Projektmanagement mit Veränderungsaufgaben:
Kein Wunder, dass Projekt- und Change-Management so eng miteinander verknüpft sind: Viele Veränderungsprozesse werden in Form von Projekten abgewickelt:
- Projektmanagement kümmert sich darum, dass ein konkretes Vorhaben (z. B. die Einführung einer neuen Software) sauber geplant, gesteuert und umgesetzt wird.
- Change Management hingegen sorgt dafür, dass die Menschen im Unternehmen diese Veränderung auch wirklich mittragen – emotional, mental und im Alltag.
In der Praxis greifen beide Disziplinen oft ineinander: Ohne Projekt kein Change – und ohne Change bleibt das beste Projekt folgenlos.
Ohne Projekt kein Change – und ohne Change bleibt das beste Projekt folgenlos.
Schauen wir uns den Veränderungsprozess einmal näher an. Wie so häufig gibt es hierfür ein simples Modell, das den Prozess in 3 Phasen aufteilt:
Das 3-Phasen-Modell von Kurt Lewin einfach erklärt
Machen wir es kurz: Das Modell wurde in den 1940er Jahren durch den Psychologen Kurt Lewin entwickelt und besteht (Überraschung!) aus drei Phasen. Ursprünglich als Modell für soziale Veränderungen in einer Gesellschaft gedacht, findet es heute überall Anwendung, wo Veränderungen stattfinden – so auch in Unternehmen und Projekten.
Die drei Phasen des Modells in Kurzform:
- Phase 1: Unfreeze – Auftauen
Der Status quo wird hinterfragt und alte Verhaltensmuster lösen sich langsam auf. Psychologische Aspekte stehen im Fokus: Warum tun wir, was wir tun?
Ziel: Die Notwendigkeit der Veränderung wird kommuniziert und akzeptiert. - Phase 2: Change – Verändern
Neue Ideen, Prozesse oder Verhaltensweisen werden entwickelt. Die Organisation testet neue Wege – mit Unsicherheit, aber auch mit Chancen.
Ziel: Anpassung und aktive Implementierung der Veränderung. - Phase 3: Refreeze – Einfrieren
Die letzte Phase zielt auf Stabilisierung und darauf, die neuen Abläufe fest in der Unternehmenskultur zu verankern. Ein Rückfall in alte Muster soll durch klare Regeln, Feedback und Unterstützung verhindert werden.
Ziel: Neue Strukturen und Denkweisen werden zur neuen Normalität.
Die 3 Phasen nach Lewin
Stell dir vor, du hast einen kegelförmigen Eisblock vor dir liegen und sollst diesen in einen Würfel verwandeln. Wie gehst du vor? Okay … du könntest alles Überflüssige weg hacken – das würde aber eine Menge Ausschuss generieren.
Im 3-Phasen-Modell würdest du so vorgehen: Zunächst taust den Eisblock auf, dann formst du ihn nach Wunsch, um ihn schließlich wieder einzufrieren.
Lewin beschreibt zwei Arten von Kräften: widerstrebende und antreibende Kräfte. In der ersten Phase sind die antreibenden Kräfte stark – die Veränderung wird initiiert. In der zweiten Phase wird es schmerzhaft: Als Reaktion auf die drohende Veränderung treten Widerstände auf, die Produktivität sinkt. Ziel am Ende der Veränderung ist selbstverständlich eine höhere Produktivität als zu Beginn, oder zumindest eine vergleichbare unter den neuen Randbedingungen.
Schau dir nun die drei Phasen im Detail an.
Erste Phase: Unfreeze – Auftauen
Beginnen wir mit der ersten Phase von Lewins Modell: Stell dir vor, du sollst von heute auf morgen deinen Arbeitsplatz wechseln und ab morgen ausschließlich Englisch sprechen. Fühlst du dich überrumpelt? Bestimmt. Sicher hättest du dich gern auf die Veränderung vorbereitet.
Genau darum geht es in der Unfreeze-Phase:
- Beschreibe die Ist-Situation: Alle Veränderungen gehen von der aktuellen Situation aus. Um andere überzeugen zu können, muss der aktuelle Stand bekannt und der Grund für die Veränderung aufgezeigt werden.
- Stelle die Unterstützung sicher: Veränderungen klappen nur, wenn die Führungsriege dahinter steht. Du möchtest allein und ohne Rückendeckung einen neuen QM-Prozess einführen? Keine Chance!
- Motiviere die Veränderung: Bereite die Beteiligten auf die Veränderungen vor. Beschreibe, warum sie notwendig ist und höre dir an, was alle davon haben.
Du siehst: In dieser Phase wird noch nicht direkt verändert, stattdessen analysiert, informiert und in oft großem Maße diskutiert. Besonders tiefgreifende Veränderungen tun oft weh – und eine sorgfältige Vorbereitung ist unerlässlich.
Zweite Phase: Change – Verändern
Die Phase „Change“ erklärt sich beinahe von selbst: Hier finden die tatsächlichen Änderungen satt. Prozesse werden eingeführt, Abteilungen umstrukturiert, neue Konzepte getestet. Um diese Phase zu meistern, stehen folgende Aufgaben an:
- Kommuniziere: Sollen Veränderungen akzeptiert werden, ist dies ohne Kommunikation kaum möglich. Weise immer wieder auf Vorteile hin, informiere über Fortschritte und bereite auf die neuen Umstände vor.
- Zerstreue Gerüchte: Fühlen sich Menschen bedroht, entstehen schnell Gerüchte und Befürchtungen. Gehe aktiv darauf ein, beantworte Fragen offen und ehrlich.
- Beziehe ein: Neues wird leichter akzeptiert, wenn die Beteiligten mit eingebunden werden, mitgestalten können.
Veränderungsprozesse fallen nicht immer leicht, besonders wenn einige Beteiligte Nachteile erwarten. Investiere Zeit und Aufwand – und rechne nicht damit, dass mögliche Vorteile von allen sofort verstanden und akzeptiert werden.
Dritte Phase: Refreeze – Einfrieren
Eine Veränderung wurde durchgeführt und alles klappt reibungslos? Ganz so einfach ist es nicht. Nur weil du z. B. einen einwöchigen Crashkurs in einer neuen Software erhalten hast, brauchst du trotzdem noch eine Umgewöhnung, bis die Handgriffe auch im Alltag sitzen.
In der Refreeze-Phase wird deshalb sichergestellt, dass die Veränderungen nachhaltig sind und nicht in alte Muster zurückgefallen wird. Ziel ist es, die Umgebung alle Beteiligten zu stabilisieren, sodass produktiv gearbeitet werden kann.
Folgende Aufgaben solltest du als Führungskraft in dieser Phase angehen:
- Stelle Dauerhaftigkeit sicher: Management-Unterstützung, Feedback-Systeme, Kommunikation – bis eine Veränderung endgültig etabliert ist, müssen Prozesse überwacht und ggf. angepasst werden.
- Unterstütze: Trainings, Coachings, Support, Schulung – sorge mit entsprechenden Maßnahmen dafür, dass sich die Beteiligten an neue Prozesse gewöhnen.
Kritik an Lewins Modell
Auch wenn das 3-Phasen-Modell einfach und einprägsam ist, bleibt es nicht unumstritten – vor allem aus heutiger Sicht. Das Modell gilt oft als zu stark vereinfach: Veränderungsprozesse laufen heute oft viel schneller ab, als dass überhaupt eine Refreeze-Phase stattfinden kann.
Aufbauend auf Lewins Modell existieren weitere Change-Management-Modelle:
- Konzepte der „lernenden Organisation“
- Das 5-Phasen-Modell nach Kruger
- Das 8-Stufen-Modell nach Kotter
Fazit
Stell dir das 3-Phasen-Modell von Lewin wie einen einfachen Leitfaden vor, der Veränderungsprozesse und Wandel beschreibt und dabei hilft, die Komplexität zu reduzieren.
Falls du ein Veränderungsprojekt leitest, solltest du die drei Phasen nach Lewin kennen: Bereite die Organisation in der Unfreezing-Phase vor, gestalte die Veränderung (Change) und sorge dafür, dass die Veränderung dauerhaft Bestand hat (Refreeze).
Wer Veränderungen plant, sollte verstehen, wie wichtig es ist, den Status quo aufzubrechen, neue Wege aktiv zu gestalten und am Ende dafür zu sorgen, dass die Veränderung in der Organisation verankert wird. Denn: Ohne gezielte Stabilisierung droht schnell der Rückfall in alte Muster.