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Artikel zum Johari-Fenster

Das Johari-Fenster einfach erklärt: 4 Fenster zur Selbst- und Fremdwahrnehmung

Für Eilige: Alles Wichtige auf einen Blick

Was ist das Johari-Fenster?
Das Johari-Fenster ist ein Kommunikationsmodell für den Abgleich zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung.
Warum ist das wichtig?
Weil Zusammenarbeit und Zusammenleben umso besser funktionierenje besser wir uns untereinander kennen.
Die wichtigsten Learnings:
➜ Je mehr Menschen übereinander wissen, desto entspannter läuft die Kommunikation.
➜ Wer offen mit eigenen Eigenschaften umgeht, baut Vertrauen auf.
➜ Wenn du weißt, wie andere dich sehen, kannst du an deiner Wirkung arbeiten.

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Ich behaupte mal, dass du nicht alles über dich weißt. Ebenso wenig, wie andere Personen alles über dich wissen. Ist das schlecht? Nicht unbedingt.

Allerdings ist es für eine gute Zusammenarbeit im Team vorteilhaft, wenn du wüsstest, wie du auf andere wirkst. Auch könnten andere Personen besser auf dich eingehen, wenn sie mehr über dich wissen.

Genau hier kommt das Johari-Fenster ins Spiel.

Das Johari Fenster einfach erklärt

Das Johari-Fenster („Johari Window“) ist ein Kommunikationsmodell, das die Unterschiede zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung grafisch darstellt. Es wurde 1955 von den US-amerikanischen Sozialpsychologen Joseph Luft und Harry Ingham entwickelt. Die Bezeichnung „Johari“ leitet sich dabei aus den beiden Vornamen Joseph und Harry ab.

Das Modell wird vor allem dazu eingesetzt, um das Selbstbild mit dem Fremdbild abzugleichen und um die Zusammenarbeit und das Verständnis innerhalb von Gruppen zu verbessern.

Die 4 Bereiche des Johari-Fensters

Das Johari-Fenster besteht aus vier Feldern, das alle bekannten und unbekannten Information über einen Menschen enthalten soll. Es werden folgende Fragen beantwortet:

  1. Was ist mir selbst über mich bekannt bzw. unbekannt?
  2. Was ist anderen über mich bekannt bzw. unbekannt?

So ergeben sich vier Bereiche:

Das Johari-Fenster

1. Der öffentliche Bereich

Hier finden sich alle Informationen, die mir selbst über mich bewusst und die auch anderen Personen bekannt sind. Es wird davon ausgegangen, dass ich in meinem Handeln frei und unbelastet bin, weil alle sich über meine Wünsche, Eigenarten oder Verhaltensweisen bewusst sind.

Beispiele:

Du weißt, dass du hilfsbereit bist, und dein Team verlässt sich genau deswegen oft auf dich.
Alle wissen: Du bist durch und durch organisiert, dein Projektplan ist regelmäßig die Rettung für alle.
Du bist offen und kommunikativ. Das spiegelt sich in jedem Meeting wider und niemand wundert sich darüber.

2. Mein geheimer Bereich

Informationen in diesem Bereich des Johari-Fensters sind mir selbst bekannt, anderen Personen jedoch nicht. Vielleicht möchte die Information nicht mit anderen teilen, weil sie mir zu privat sind oder ich mich unsicher fühle. Es können aber auch Informationen sein, die zufällig geheim sind, einfach weil ich noch niemandem davon erzählt habe.

Beispiele:

Du bist sehr aufgeregt vor öffentlichen Vorträgen, möchtest das aber niemandem mitteilen, weil du nicht verletzlich wirken willst.
Du hältst dich für sehr sensibel, aber nach außen gibst du dir Mühe, stets sachlich und unberührt zu wirken.
Du hast einen ausgeprägten Perfektionismus, den du bewusst nicht zeigst, weil du nicht als kontrollierend gelten willst.

3. Der blinde Fleck

Andere Personen haben Informationen über mich, die mir aber gar nicht bewusst sind. Wären mir diese Informationen bekannt, könnte ich:

a) an mir arbeiten, wenn es sich um Informationen über Unerwünschtes handelt oder
b) mich freuen, weil mir diese Dinge noch gar nicht bewusst waren.

Informationen aus dem „blinden Fleck“ werden oft nonverbal geäußert. Habe ich zum Beispiel ein Vorurteil gegen einen bestimmten Mitarbeiter, so strahle ich das häufig aus oder zeige es durch mein Handeln, ohne dass ich es ihm gegenüber direkt mitteile.

Beispiele:

Wenn du einen öffentlichen Vortrag hältst, kratzt du dir ständig nervös am Kopf, ohne es zu merken.
Du wirst oft als dominant wahrgenommen, obwohl du dich selbst als klar und zielorientiert einschätzt.
Andere erleben dich als distanziert oder kühl, dabei fühlst du dich innerlich als zugewandt und interessiert.

4. Der unbekannte Bereich

Informationen in diesem Bereich sind weder mir selbst noch anderen Personen bekannt. Das können unbewusste Erinnerungen oder unentdeckte Talente sein, die einfach noch nicht beobachtet wurden, da sich bisher keine Gelegenheit bot.

Beispiel:

Ich habe ein erstaunliches Talent für Ölmalerei, weiß davon aber gar nichts, weil ich es nie ausprobiert habe.

Das Johari-Fenster konkret angewendet

Du willst das Johari-Fenster nicht nur verstehen, sondern auch anwenden? Gute Idee – denn gerade im Team oder in der persönlichen Entwicklung kann das Modell ziemlich aufschlussreich sein. So gehst du vor:

Ein Beispiel aus dem echten Leben

Teamleiterin Anna schätzt sich selbst ein und wählt folgende 6 Adjektive: organisiert, geduldig, verantwortungsvoll, analytisch, ruhig, introvertiert

Dann bittet sie ihr Team, sie ebenfalls einzuschätzen. Die am häufigsten genannten Adjektive der anderen lauten: freundlich, dominant, organisiert, zielstrebig, verlässlich, geduldig

Öffentlicher Bereich (von Anna selbst und vom Team genannt)
organisiert, geduldig
➡️ Diese Eigenschaften werden übereinstimmend wahrgenommen. Anna weiß um diese Qualitäten und das Team ebenfalls.

Geheimer Bereich (nur Anna nennt diese Eigenschaften)
verantwortungsvoll, analytisch, ruhig, introvertiert
➡️ Diese Seiten zeigt Anna (noch) nicht offen. Vielleicht aus Gewohnheit, vielleicht aus Vorsicht. Hier steckt Potenzial für Selbstoffenbarung.

Blinder Fleck (nur das Team nennt diese Eigenschaften)
freundlich, dominant, zielstrebig, verlässlich
➡️ Überraschende Sichtweise: Diese Eigenschaften nimmt Anna bei sich selbst nicht wahr. Das Feedback kann sie anregen, ihr Selbstbild zu hinterfragen und gezielt nachzufragen, wie diese Wirkung zustande kommt.

Beispiel Johari-Fenster

Ziele und Instrumente des Johari-Fensters

Das Johari-Fenster mag eine interessante Grafik sein … aber was bringt uns das? Ganz einfach: Es hilft dabei, eine Idee von Ingham und Luft darzustellen:

Die Zusammenarbeit und das Zusammenleben von mehreren Personen funktioniert umso besser, je mehr sie übereinander wissen. Dabei können sowohl positive Effekt für den Einzelnen, als auch für die gesamte Gruppe beobachtet werden.
Logo von "Projekte leicht gemacht"Ingham & Luft

Um das zu erreichen, muss im Johari-Fenster der öffentliche Bereich links oben vergrößert werden. Wie geht das? Indem zwei Instrumente eingesetzt werden: Feedback und Selbstoffenbarung.

1. Feedback

Bitte ich andere Personen um Feedback, so erhalte ich oft Informationen über mich, die mir noch nicht bewusst waren. Je mehr dieser unbekannten Informationen ich erhalte, desto kleiner wird mein blinder Fleck.

Verkleinere ich diesen blinden Fleck im Johari-Fenster, dann entdecke ich vielleicht gute Seiten an mir, die ich noch nicht kannte – oder schlechte, an denen ich arbeiten kann.

Beispiel:

Erhalte ich die Information, dass ich mich bei Vorträgen immer nervös am Kopf kratze, kann ich bewusst beim nächsten Mal darauf achten, um diese Angewohnheit zukünftig zu vermeiden.

johari-fenster-2

Feedback geben ist ein wichtiges Instrument, aber es gibt noch ein weiteres, um diesen Bereich
 zu vergrößern:

2. Selbstoffenbarung / Offenheit

Teile ich anderen Personen Dinge mit, die bisher nur mir bekannt waren, so schrumpft mein geheimer Bereich. Die Kollegen wissen mehr von mir, können Rücksicht nehmen und entsprechend reagieren. Ich muss keine Energie dafür verschwenden, etwas vor anderen geheim zu halten oder Angst vor Entdeckung zu haben.

Beispiel:

Wenn ich meinen Kollegen mitteile, dass ich sagenhaft nervös vor öffentlichen Vorträgen bin, so erhalte ich oft Unterstützung und aufmunternde Worte. Ich kann meine Nervosität außerdem mit den Kollegen teilen und muss keine Energie darauf verschwenden, die Anspannung zu verheimlichen.

johari-fenster-3

Vor- und Nachteile des Johari-Fensters

Warum ist es sinnvoll, das Johari-Fenster zu kennen und damit zu arbeiten, und wo liegen mögliche Grenzen? Hier ein Überblick:

Vorteile für EinzelneVorteile für das Team
• Unbewusste Verhaltensweisen werden ins Bewusstsein geholt.
• An Schwächen kann gezielt gearbeitet werden.
• Durch bewusste Herausgabe von Informationen kann die innere Anspannung vermieden werden, die entsteht, wenn Informationen für sich behalten werden.
• Das Handeln der Gruppenmitglieder wird transparenter.
• Gegenseitiges Verständnis wird erhöht, da die anderen Teammitglieder besser verstanden werden können.
• Die Qualität der Beziehungen bessert sich.
• Gruppen finden schneller zueinander, wenn der offen sichtbare Bereich aktiv erweitert wird.

Mögliche Nachteile bzw. Grenzen:

  • Offenheit braucht Vertrauen: Wer sich in einem unsicheren Umfeld öffnet, riskiert auch, dass persönliche Infos gegen ihn oder sie verwendet werden.
  • Feedback kann verletzen: Ungefragtes oder schlecht formuliertes Feedback kann mehr Schaden anrichten als Nutzen bringen.
  • Nicht jeder will oder kann alles von sich preisgeben: Manche Informationen gehören schlicht in den privaten Bereich – und das ist auch völlig in Ordnung.
  • Das Modell vereinfacht: Wie bei vielen Modellen wird die menschliche Persönlichkeit stark vereinfacht dargestellt. Es ersetzt keine tiefergehende Persönlichkeitsanalyse.

Fazit

Wie so viele Modelle ist auch das Johari-Fenster vereinfachend und berücksichtigt nicht alle Faktoren der menschlichen Persönlichkeit – und das muss es auch nicht. Es ist jedoch sehr gut geeignet, um sich selbst bewusst zu machen, wo man gerade steht, und was man tun kann, um den öffentlichen Bereich zu vergrößern. Dies führt in den meisten Fällen zu neuen Erkenntnissen über einen selbst und mehr Entspannung im Alltag, weil die Beziehung zu den Mitmenschen verbessert wird.

Fragen und Antworten

Was ist das Johari-Fenster überhaupt?

Das Johari-Fenster (engl. Johari Window) ist ein einfaches Modell, das die Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung einer Person zeigt.  Es ist aufgeteilt in 4 Bereiche: Öffentlicher, geheimer und unbekannter Bereich sowie der Blinde Fleck.

Warum sollte ich mich mit meinem blinden Fleck beschäftigen?

Weil der blinde Fleck eben genau das ist: dir nicht bewusst – aber anderen schon. Wer hier hinschaut (z. B. durch Einholen von konstruktivem Feedback), kann viel über seine Wirkung auf andere lernen und gezielt daran arbeiten.

Wie funktioniert das Modell konkret?

Du wählst Eigenschaften aus einer festen Liste von 56 Adjektiven aus (z. B. ruhig, dominant, hilfsbereit), und andere tun das auch über dich. Die Adjektive in die vier Bereiche des Modells einzuordnen zeigt dir, wo dein Selbst- und Fremdbild überein stimmt und wo nicht.

Was bringt mir das im Alltag oder im Job?

Ein größerer öffentlich sichtbarer Bereich bedeutet bessere Kommunikation, mehr Vertrauen und weniger Missverständnisse, besonders in Teams. Und wer regelmäßig Feedback einholt, entwickelt sich persönlicher und beruflicher weiter.

Gibt’s auch Nachteile?

Ja: Offenheit braucht ein gewisses Maß an Vertrauen. Das Johari-Fenster wurde nicht dafür gemacht, jeden zum Offenlegen zu zwingen. Es geht vielmehr um bewusstes Abwägen, wann und wo Offenheit hilfreich ist.

Ist das nur ein Theoriemodell oder wirklich praktisch anwendbar?

Beides. Das Modell ist zwar eine vereinfachte Darstellung bewusster und unbewusster Persönlichkeitsmerkmale, aber sehr praxisnah , z. B. in Coachings, Teamentwicklungen oder Selbstreflexion. 

7 Kommentare zu „Das Johari-Fenster einfach erklärt: 4 Fenster zur Selbst- und Fremdwahrnehmung“

  1. Avatar-Foto

    Liebe Andrea Windolph,
    hervorragende Zusammenfassung eines so wertvollen Tools und eines kreativen, leichten Umgangs damit. :-)
    Ich selbst setze das Johari-Fenster auch gern in der Arbeit mit Einzelklienten ein. Dort dient es der Selbstklärung und bietet Material zur Weiterarbeit an.
    Dankw für dwn swhr lesenswerten Artikel!

  2. Avatar-Foto

    Dieses tool gefällt mir und ich halte es für spannend im Zusammenhand mit Persönlichkeits-Entwicklungs-Prozessen. Je weniger Angst menschen haben, sich zu zeigen, je bewusster sie sind und je mehr sie ihre „Schattenseiten“, Ihre Projektionen integrieren, desto offener und damit angenehmer, authentischer und sozialer werden sie für ihre Umwelt.
    Vierlen Dank für dieses einfache, aber doch sinnvolle tool, andrea!
    beste Grüße von
    Friederike

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      Hallo Friederike, genau: Mehr Offenheit in der Gruppe führt fast immer zu einem besseren (und entspannteren) Gruppenverhalten. Vielen Dank für deinen Kommentar :-)

  3. Avatar-Foto

    … sorry für die Rechtschreibfehler, hab zu schnell auf „Kommentar abschicken “ gedrückt ! In meinem öffentlichen Bereich befindet sich die Feststellung, dass ich sehr spontan bin, manchmal zu schnell…also: danke, liebe Andrea!

  4. Avatar-Foto

    Vielen Dank für diese umfangreiche und verständliche Erklärung des Johari-Fensters und dessen Anwendungsbereiche. #mawm16

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