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Artikel über das Werte- und Entwicklungsquadrat

Das Werte- und Entwicklungsquadrat: Ein Modell zur persönlichen Weiterentwicklung

Auf den Punkt gebracht

Das Werte- und Entwicklungsquadrat ist ein Modell zur Analyse und persönlichen Weiterentwicklung. Die Grundidee: Jeder kann sein volles Potential ausschöpfen, wenn zu starken Persönlichkeitsmerkmalen eine Balance zu den passenden „Schwestermerkmalen“ hergestellt werden kann.

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Möchten wir nicht alle unser volles Potenzial ausschöpfen, sowohl im Berufs- als auch im Privatleben? Es wäre doch schön, wenn wir unsere guten Eigenschaften so einsetzen können, dass sie uns weit bringen und zufrieden machen. Genau hier kommt das Werte- und Entwicklungsquadrat ins Spiel. Die Idee: Es muss dir nur gelingen, zu jedem deiner positiven Persönlichkeitsmerkmale jeweils ein „Schwestermerkmal“ zu entwickeln und diese in Balance zu bringen.

Das klingt zu abstrakt? Dann lies weiter! 

Was ist das Werte- und Entwicklungsquadrat? 

Der Psychologe Schulz von Thun beschreibt im Werte- und Entwicklungsquadrat, dass es zu jedem Wert (gemeint ist hier eine Tugend, eine Leistung oder ein Persönlichkeitsmerkmal) einen positiven Gegenwert geben muss die sogenannte „Schwestertugend“. Befinden sich die beiden positiven Werte nicht in Balance, wird einer der beiden ins Negative umschlagen.

Nach dieser Theorie kann es also zu viel von einer positiven Eigenschaft geben. Was bedeutet das? Schau dir folgendes Beispiel an:

Beispiel:
Angenommen, in deinem Team wird Teamfähigkeit als Tugend großgeschrieben. Das Team arbeitet also gut zusammen und Werte wie Akzeptanz, regelmäßige Kommunikation, Verständnis, Rücksichtnahme und Toleranz spielen eine große Rolle. Jetzt denken wir mal weiter: In dem Team kommt es zu immer mehr Akzeptanz, Verständigung usw. Ein zu viel an Akzeptanz kann z. B. dazu führen, dass keine Gedanken mehr hinterfragt werden oder keine konstruktive Diskussion zustande kommen kann, weil keiner dem anderen auf die Füße treten will – es kommt also zu einer unterwürfigen Anpassung. Kritik ist im Maße gesund – das könnte durch zu viel Akzeptanz verloren gehen. Das behindert die Entwicklung und Innovationsfähigkeit. 

Du siehst – es gibt ein „zu viel des Guten“. Also was tun? Hier hilft dir das Werte- und Entwicklungsquadrat weiter, indem es dir eine sogenannte „Schwestertugend“ zeigt. Die Schwestertugend ist nichts anderes als eine zweite positive Eigenschaft, die mit der ersten in Balance stehen sollte. Das könnte im Beispiel für „Akzeptanz“ so etwas wie „gesunde Konfrontation“ sein. Auch diese ist grundsätzlich positiv, kann aber natürlich ebenfalls übertrieben werden. Wenn zu viel Konfrontationslust im Team vorherrscht, kann das zu egoistischen Verhalten führen oder zu unnötigem Streit. Und dann? Hier schließt sich der Kreis wieder. Willst du den Egoismus im Team wieder in den Griff bekommen, musst du für mehr Akzeptanz sorgen. 

Gehen wir noch einmal Schritt für Schritt durch:

  1. Betrachte einen positiven Anfangswert, im Beispiel die Akzeptanz.
  2. Frage dich, was beim „zu viel des Guten“ passiert – hier wäre es die unterwürfige Anpassung. Die Akzeptanz ist ins Gegenteil umgeschlagen, weil es keine ausgleichenden Werte gibt.
  3. Was wäre also ein positives Gegenstück zur Akzeptanz? „Konfrontation“ wurde im Beispiel als Schwestertugend definiert.
  4. Auch die Konfrontation kann ins Gegenteil umschlagen, wenn die Beteiligten egoistisch ihre Interessen durchsetzen. Um das zu vermeiden, braucht es wiederum Akzeptanz.

Anders ausgedrückt: Akzeptanz braucht die Konfrontation als Ausgleich, damit es nicht zur unterwürfigen Anpassung kommt. Zugleich verhindert die Akzeptanz ein übermäßig egoistisches Durchsetzen von Interessen.

Angelehnt an: Werte- und Entwicklungsquadrat der Kooperation in Teams, Schulz von Thun

Das klingt ein bisschen kompliziert? Wir haben noch ein paar Beispiele für dich:

  1. Gewissenhaftigkeit kann zum Perfektionismus führen. Den Ausgleich schafft Gelassenheit, die zur Gleichgültigkeit führen kann. 
  2. Freundlichkeit kann zu überschwänglicher Distanzlosigkeit führen. Den Ausgleich schafft reservierte Zurückhaltung, die zu abweisender Grantigkeit führen kann. 
  3. Mut kann zu Übermut/Leichtsinn führen. Den Ausgleich schafft Vorsicht, die zu Feigheit führen kann. 
  4. Improvisation kann zu Chaos führen. Den Ausgleich schafft Planung & Organisation, die zu Kleinkariertheit und Micromanagement führen kann. 
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Das Werte- und Entwicklungsquadrat richtig einsetzen

Das Werte- und Entwicklungsquadrat ist ein hilfreiches Werkzeug in der eigenen Persönlichkeitsentwicklung. Es hilft dir bei der Beantwortung der Frage, ob deine positiven Eigenschaften so ausbalanciert werden, dass sie nicht ins Negative umschlagen.

Beispiel:
Du bist ein Projektleiter mit viel Durchsetzungsvermögen, neigst aber auch manchmal zur Rücksichtslosigkeit? Dann heißt deine Entwicklungsrichtung „Rücksicht“, ohne dabei in mangelnde Selbstbehauptung zu rutschen. Du vertraust deinen Mitarbeitern, möchtest aber keine naive Vertrauensseligkeit entwickeln? Dann achte auf mehr Vorsicht, ohne dabei grundsätzlich misstrauisch zu werden. 

Das Werte- und Entwicklungsquadrat kannst du also wie eine Landkarte deiner Persönlichkeitsentwicklung sehen – mit Balance als Fokus. 

Werte- und Entwicklungsquadrat

Du willst dein eigenes Werte- und Entwicklungsquadrat aufstellen? Dann beachte folgende Tipps:

Positiven Werte definieren 

Du entscheidest, was du positiv findest. Die beiden Werte notierst du in den oberen beiden Kästchen. Beispielsweise werten manche Leute Kampfgeist als positiv, während andere ihn als negativ empfinden. Hier geht es aber um deine Entwicklung, also entscheidest du. 

Die beiden positiven Werte oben müssen sich gegenseitig ausschließen. Beispielsweise kann man wie in unserem vorherigen Beispiel nicht gleichzeitig große Akzeptanz und starke Konfrontation in einer Situation zeigen. Nacheinander? Ja. Gleichzeitig? Nein. 

Nehmen wir folgendes Beispiel: Ein Projektmitarbeiter sieht Gewissenhaftigkeit als eine seiner positiven Tugenden. Er wünscht sich dabei allerdings manchmal etwas mehr Gelassenheit und definiert dies deshalb als positives Gegenstück, die Schwesterntugend.

Negative Übertreibungen ableiten

In den unteren Kästchen notierst du die beiden Übertreibungen – also die negativen Werte. Auch hier entscheidest wiederum du, was negativ heißt. Im Beispiel hat der Mitarbeiter das Gefühl, dass seine Gewissenhaftigkeit manchmal in Perfektionismus umschlägt. Zu viel Gelassenheit wiederum würde bedeuten, dass er seine Arbeit gleichgültig erledigt.

Beispiel für ein Werte- und Entwicklungsquadrat

Entwicklungsrichtungen prüfen

Die diagonalen Pfeile zeigen die Entwicklungsrichtungen für mögliche Schwächen an: Neigst du zum Perfektionismus, tut also Gelassenheit gut, neigst du zur Gleichgültigkeit, ist eine Weiterentwicklung in Richtung Gewissenhaftigkeit sinnvoll.

Kontrollieren kannst du dich, indem du die beiden negativen Werte betrachtest. Wenn du von einem Extrem ins andere springen würdest, wäre das eine klassische Überkompensation. Angenommen, jemand ist sehr autoritär und setzt immer seine Interessen durch wie im Beispiel oben. Wenn man ihn nun dafür kritisiert und er ins komplette Gegenteil kippen würde, es also allen recht machen will und nun allen nach dem Mund redet, wäre dies eine trotzige Überkompensation.

Wenn wir das Quadrat nun noch von oben nach unten betrachten, sollten die negativen Werte immer die Übertreibung der jeweils positiven Werte darstellen – ein „des Guten zu viel“. 

Fazit

Du kannst das Werte- und Entwicklungsquadrat auf alle Persönlichkeitsmerkmale anwenden. Probiere es einfach mit deinen eigenen ausgeprägtesten Charaktereigenschaften aus. Das Ergebnis: Du siehst, welche deiner Werte in Balance sind und wo womöglich das Risiko besteht, in ein Extrem abzurutschen. Indem du dich selbst besser verstehst, kannst du gezielt an schwachen Punkten arbeiten und deine Kommunikation und dein Auftreten verbessern.

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