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Artikel über Critical-Chain-Projektmanagement

Critical Chain Projektmanagement verständlich erklärt [Gastartikel]

Auf einen Blick

Das Critical-Chain-Projektmanagement kurz CCPM ist eine Projektmanagementmethode, deren Ideengeber Eliyahu M. Goldratts ist. CCPM hat zum Ziel, neben Arbeitspaketen jeweilige Ressourcen auch zu planen, um eine realistischere Projektplanung gemäß vorhandenen Kapazitäten zu ermöglichen. Darüber hinaus liegt der Fokus auf der Vermeidung vom schädlichen Multitasking und Identifikation von versteckte Zeitreserven in einzelnen Arbeitspaketen eines Projekts. Stattdessen werden Zeitreserven auch Puffer genannt ausschließlich für wichtige Meilensteine und das Gesamtprojekt vorgesehen, um die Projekte nicht nur pünktlich, sondern auch schneller als geplant abzuwickeln.

Was ist Critical Chain Projektmanagement?

CCPM ist eine Projektmanagementmethode, die sowohl Arbeitspakete als auch dafür geplante Ressourcen genau im Blick hat. CCPM ergänzt das typische Projektmanagement um zwei Punkte. 

Punkt 1: Neben den Arbeitspaketen werden auch jeweilige Ressourcen so eingeplant, dass schädliches Multitasking vermieden wird.

Punkt 2: Schätzungen einzelner Arbeitspakete werden so gemacht, dass keine lokalen Zeitreserven dafür vorgesehen werden. Die Zeitreserven werden ausschließlich für wichtige Meilensteine und das Gesamtprojekt vorgesehen.

Der längste Pfad, in dem sowohl Arbeitspakte als auch Ressourcen eingeplant sind, nennt man dann kritische Kette. 

Jedes Projekt hat eine gewisse Anzahl von Arbeitspaketen. Wenn Du ein Projekt mit beispielsweise fünf Arbeitspaketen hast, wird das Projekt oft so geplant: Arbeitspaket 1: Dauer + Zeitpuffer, Arbeitspaket 2: Dauer + Puffer und das für alle Arbeitspakete. 

Bei Critical Chain planst Du so: Arbeitspaket 1: optimistische Dauer, Arbeitspaket 2: optimistische Dauer und das für alle 5 Arbeitspakete plus einen Puffer für das gesamte Projekt bzw. eventuell auch ein Meilenstein mit Puffer dazwischen.

Dabei arbeitet jeder der Projektmitarbeiter möglichst zu 100 Prozent an einem Projekt. 

So kannst Du sicherstellen, dass die Projekte so schnell wie möglich abgearbeitet werden. Dabei ist es wichtig, dass die Fortschritte im Projekt täglich bewertet und entsprechende Maßnahmen bei notwendigen Korrekturen schnell ergriffen werden. 

So können Projekte wie geplant oder sogar früher abgeschlossen werden.

CCPM stammt aus der Theory of Constraints, kurz TOC.

TOC wird auch Engpasstheorie genannt. Hier geht es darum, dass alle Denkprozesse und Methoden darauf ausgerichtet werden, den Durchsatz zu verbessern. 

Diese Theorie geht davon aus, dass es immer einen schwachen Punkt auch Engpass genannt gibt, der den Durchsatz verlangsamt, wie bei einem Flaschenhals. Wenn dieser Schwachpunkt behoben wird, ist das von Vorteil für alle. 

Ausgehend von diesem Gedanken wurden praxistaugliche Methoden entwickelt, welche alle wichtigen Punkte, wie das Controlling, die Finanzen, das Management, das Marketing, die Produktionssteuerung oder den Vertrieb betreffen. 

Die Entwicklung begann 1979. Um den Engpass zu entfernen, wurden fünf Schritte entwickelt. Kurz gesagt: 

1. Den Engpass finden.
2. Den Engpass maximal ausnutzen
3. Alles am Engpass ausrichten
4. Den Engpass beheben
5. Wieder bei Punkt 1 beginnen. 

Was sind die Unterschiede zwischen dem kritischen Pfad (Critical Path) und der kritischen Kette (Critical Chain)?

Beim CCPM müssen zwei wichtige Begriffe unterschieden werden: der kritische Pfad und die kritische Kette.

Das ist der kritische Pfad:

Es handelt sich hier um den längsten Pfad in einem Projektplan. Er bestimmt die Mindestdauer des Projektes. Verzögert sich hier ein Arbeitspaket, verzögert sich das komplette Projekt um die gleiche Zeit.

Critical Chain Projektmanagement (CCPM) - Der kritische Pfad

Hier ist Multitasking erlaubt. Jeder Vorgang enthält in der Regel einen eigenen Puffer. Kritische Vorgänge werden nicht zwingend schnellstmöglich abgearbeitet. 

Grundsätzlich ist es auch möglich, dass es mehrere kritische Pfade in einem Projekt gibt auch wenn dies nicht erwünscht ist.

Das ist die kritische Kette:

Die kritische Kette ist das Gleiche, wie der kritische Pfad, allerdings beziehst Du hier die Fähigkeiten Deiner Ressourcen mit ein, die du für das jeweilige Projekt benötigst. 

Critical Chain Projektmanagement (CCPM) - Die kritische Kette

Hier ist Multitasking nicht erlaubt. Der Puffer gilt für Meilensteine und/oder das komplette Projekt. 

Critical Chain Projektmanagement - Kritische Kette mit Gesamtpuffer

Die Vorgänge auf der kritischen Kette werden meistens als Erstes abgearbeitet und es gibt nur eine einzige kritische Kette.

Was sind wichtige Bestandteile des Critical Chain Projektmanagements (CCPM)?

a) Die kritische Kette:

Die kritische Kette sagt aus, wie lange Dein Projekt mindestens dauert und das unter Berücksichtigung der Dauer einzelner Arbeitspakete und der Ressourcenverfügbarkeit. 

b) Die explizite Pufferplanung:

Hier planst Du keine Puffer für die einzelnen Arbeitspakete ein. Die einzelnen Arbeitspakete werden optimistisch, aber auch realistisch geplant. Verzögerungen, weil ein Mitarbeiter gleichzeitig an verschiedenen Projekten arbeitet, werden hier nicht eingeplant. Puffer werden explizit nur für Meilensteine des Projektes und / oder das gesamte Projekt eingeplant.

c) Die operative Steuerung der Projekte durch den Einsatz expliziter Puffer:

Der explizite Puffer wird nicht wie im klassischen Sinne als gewisse Zeitreserve, sondern als Steuerungselement verwendet.

Der Verbrauch des expliziten Puffers zeigt an, wie kritisch ein Projekt ist. Dabei wird die Ampellogik verwendet.

Projektfortschritt: Die kritische Kette und Pufferzeiten im CCPM

Hier gilt folgende Daumenregel:

  • Liegt der Pufferverbrauch unter 20% ist Dein Projekt grün und Du musst keine weiteren Maßnahmen ergreifen, um Puffer zurückzugewinnen. 
  • Liegt der Pufferverbrauch zwischen 20 und 50% ist Dein Projekt gelb und Du brauchst zeitnahe Maßnahmen, um den Puffer wieder zurückzugewinnen.
  • Liegt der Pufferverbrauch über 50% ist Dein Projekt rot und Du solltest sofort Maßnahmen ergreifen, die den Puffer wieder auffüllen. 

Die Ampelfarbe hilft Dir dabei, kritische Projekte in ihrer Priorisierung höher einzustufen und je nach Pufferverbrauch als Erstes anzugehen.

Die Teilaufgaben des Projektes, die anstehen oder aktiv sind, werden auch gemäß der Ampellogik gesteuert. Deine Mitarbeiter wissen so, bei welchem Projekt sie als Nächstes, welche Aufgabe abarbeiten müssen, gemäß der Ampellogik: Zuerst Rot, dann Gelb und erst danach Grün.

Was sind die Vorteile bei der Verwendung von Critical Chain Projektmanagement?

  • Planung mit der kritischen Kette: Durch die kritische Kette (Berücksichtigung von Arbeitspaketen und notwendigen Ressourcen) wird die Planung eines Projektes realistischer. 
  • Implizite Puffer vermeiden: Es wird vermieden, dass sich die psychologischen Effekte Deiner Mitarbeiter auf das Projekt auswirken:
    • Es gibt das Parkinsongesetz, was besagt, dass Puffer gerne ausgenutzt und fast nie gekürzt werden. 
    • Es gibt das Studentensyndrom, was besagt, dass die Aufgabe so spät wie möglich begonnen wird. 
    • Oft betreiben Mitarbeiter Multitasking, was bedeutet, dass ein Mitarbeiter an zwei oder mehr Projekten arbeitet und zwischen diesen Projekten hin und her springt. 
    • Fallen diese ganzen oben genannten Aspekte komplett oder zumindest teilweise weg, wird viel Zeit eingespart, die sich als gesamter Puffer für das Projekt viel besser einsetzen lässt. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlich deutlich, dass die Projekte entweder wie geplant oder noch schneller abgearbeitet werden.
  • Explizite Puffer einplanen: Mit expliziten Puffern kannst Du nicht nur einzelne Projekte steuern, sondern auch effektives Multiprojektmanagement betreiben. 
  • Kombinierbar mit anderen Methoden: CCPM kann mit agilen Methoden wie SCRUM oder KANBAN ergänzt werden. Diese Methoden arbeiten bei den Unteraufgaben auch Tasks genannt mit der gleichen Ampellogik. 
  • Projekte werden transparenter: Das komplette Projekt wird auf allen Ebenen (Multiprojektmanagement, Einzelprojektmanagement und Taskmanagement) transparenter. Probleme werden schnell erkannt und können zügig behoben werden. 

Fazit:

Gerade wenn Dein Unternehmen viele Projekte hat und es immer wieder zu Problemen bei der Kapazitätsplanung kommt, kann das Critical Chain Projektmanagement ein interessanter Ansatz sein. Die Termintreue kann auf über 90 Prozent steigen und die Projektlaufzeiten können um bis zu 25 Prozent gesenkt werden. 

Dieter Zibert

Dieter Zibert

Dieter Zibert ist Trainer und Consultant für Projektmanagement mit über 10 Jahren Erfahrung im Projektmanagement. Er hat klassische, agile und hybride Projekte in den Branchen Bahnindustrie, Fabrikautomation, Automobilindustrie und Healthcare geleitet und verfügt über PMP, PMI-ACP, Professional Scrum Master und Professional Scrum Product Owner Zertifizierungen.
Darüber hinaus hat er langjährige Erfahrung im Projektportfolio-Management, Aufbau von professionellen PMOs, Business Transformation, Change Management, hybriden Projektmanagement durch Anwendung von klassischem, agilem und Critical Chain Projektmanagement und in der Anwendung von TOC Prinzipien. Mehr unter 
https://greenprojectsconsulting.com/

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