Auf einen Blick
Wir kommunizieren immer irgendwie und sagen mehr aus, als uns bewusst ist. Die 5 Axiome nach Watzlawick schlüsseln auf, wann wir wie genau kommunizieren und was die Beziehung zum Gegenüber damit zu tun hat. Wie du das in Projekten und im normalen Alltag nutzen kannst, schauen wir uns in diesem Artikel genauer an.
Mal ehrlich: Jeder sollte Grundlagen der Kommunikation und Kommunikationsmodelle kennen. Warum? Weil wir den ganzen Tag damit beschäftigt sind, miteinander zu kommunizieren – egal ob verbal oder nonverbal. Je besser wir die Grundlagen der Kommunikation, uns selbst und andere verstehen, desto eher kann Missverständnissen vorgebeugt und die Beziehung zu anderen verbessert werden. In diesem Artikel lernst du die 5 Axiome nach Watzlawick kennen – anschauliche Beispiele inklusive.
Was sagen die 5 Axiome nach Watzlawick aus?
Axiome hört sich erst einmal kompliziert an. Ist es aber nicht! Axiome heißt nichts anderes, als dass es eine absolut anerkannte Wahrheit ist, für die es keine weiteren Beweise braucht. Paul Watzlawick hat folgende 5 Wahrheiten im Bereich der Kommunikation festgestellt:
- Axiom: Man kann nicht nicht kommunizieren.
- Axiom: Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt.
- Axiom: Kommunikation ist immer Ursache und Wirkung.
- Axiom: Menschliche Kommunikation bedient sich analoger und digitaler Modalitäten.
- Axiom: Kommunikation ist symmetrisch oder komplementär.
Details und Beispiele zu jedem der Axiome findest du weiter unten im Artikel.
Die Basis: Kommunikationstheorie
Grundsätzlich sind diese 5 Wahrheiten in der Kommunikationstheorie zu Hause. Dabei ist die Grundannahme, dass Kommunikation nicht nur aus reinen Worten besteht, sondern auch immer paralinguistische Phänomene eine Rolle spielen. Was ist das? Das kann dein Tonfall sein, ein Seufzen, wie schnell du sprichst oder auch deine Körperhaltung in dem Moment.
Kommunikation ist also das große Ganze inkl. deinem Verhalten, während du mit jemandem sprichst. Demnach sagt Watzlawick (und übrigens auch seine 2 Kollegen Beavin und Jackson, die gern unterschlagen werden), dass es unmöglich ist, sich nicht zu verhalten und somit auch unmöglich ist, nicht zu kommunizieren.
Machen wir‘s konkret:
Beispiel 1:
Stell dir folgende Situation vor: Ralf ist sauer und Alex, sein Kumpel, fragt ihn: „Hast du was?“ Ralf verdreht die Augen, wendet seinen Körper von Alex ab und schweigt. Obwohl Ralf keine Worte gesagt hat, weiß Alex haargenau, dass etwas nicht stimmt und Ralf sehr wohl „etwas hat“.
Beispiel 2:
Du steigst in einen Zug ein und suchst nach einem Sitzplatz. Da der Zug gut gefüllt ist, gibt es nur noch Sitzplätze neben anderen Fahrgästen. Während du den Gang entlangläufst und dir intuitiv den besten Platz raussuchen möchtest, spielt es eine wesentliche Rolle, ob dort bereits jemand sitzt, der seinen Blick gesenkt hat und damit signalisiert „Ich möchte in Ruhe gelassen werden“ oder ob dich jemand mit offenen Augen ansieht.
Warum sind die 5 Axiome so wichtig?
Die 5 Axiome nach Watzlawick kannst du in die gleiche gedankliche Schublade stecken wie andere Kommunikationsmodelle, die du vielleicht schon kennst (4-Ohren Modell, Eisbergmodell, Teufelskreis-Modell, usw.). Alle Modelle unterstützen dich dabei, sowohl in Projekten, als auch im Alltag besser mit anderen zu kommunizieren. Die Idee: Verstehe die Psychologie und lerne die Tricks und Tipps kennen, die sich aus diesen Modellen ableiten lassen – und schon wirst du andere besser verstehen können. Damit profitierst du von einer Reihe von Vorteilen:
- Dir fällt es leichter, andere zu verstehen.
- Die Produktivität im Team steigt.
- Die Missverständnisse und Konflikte werden reduziert.
- Das Engagement und die Motivation deiner Mitarbeiter oder Kollegen sind höher.
- Die Mitarbeiterbindung erhöht sich.
Sollte es dennoch zu einer Auseinandersetzung kommen, kannst du gern im Artikel „Konflikteskalation nach Glasl: Von der Meinungsverschiedenheit zur Katastrophe“ lesen, wie es dann weitergeht.
So, nun aber mal im Detail: Was bedeuten die 5 Axiome nach Watzlawick denn?
Die Axiome im Detail
1. Man kann nicht nicht kommunizieren
Hiermit ist vor allem die nonverbale Kommunikation gemeint, also wie schon genannt ein Seufzen, deine Blickrichtung oder ein Lächeln – alles ohne Worte. Kommunikation bedeutet also dein gesamtes Verhalten und du kannst dich eben „nicht nicht verhalten“.
Beispiel:
Du steigst in den Zug und setzt dich neben Uli, einen Kollegen. Uli hat Kopfhörer eingestöpselt, nickt dir einmal kurz zu und sieht dann wieder aus dem Fenster. Uli hat sich also verhalten ohne zu sprechen und dir dabei aber mitgeteilt, dass er dich zwar wahrgenommen hat, aber nicht reden möchte.
2. Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt.
Die Hauptaussage: Die Kommunikation zwischen zwei Menschen hängt davon ab, wie diese Personen zueinander stehen. Ob man sich mag oder eben nicht, schwingt in der Kommunikation mit, unabhängig davon, was auf der Sachebene passiert. Das kommt dir vielleicht aus dem 4-Ohren Modell nach Schulz von Thun bekannt vor.
Beispiel:
Angenommen, du und Uli seid momentan nicht gut aufeinander zu sprechen, weil Uli sauer auf dich ist. Als der Bus anhält und ihr aussteigt, fragst du Uli: „Hast du an den Bericht für das heutige Meeting gedacht?“ Uli antwortet genervt: „Ja, natürlich habe ich daran gedacht!“ Auf der Sachebene wurde eine einfache Frage gestellt, die auch eine eindeutige Antwort erhalten hat. Auf der Beziehungsebene kommt aber klar heraus, dass Uli sauer ist.
Ähnliche Situationen kannst du gut beobachten, wenn sich Personen in einem hierarchischen System befinden, also z. B. Chefin und Angestellter. Untergeordnete Personen werden tendenziell höflicher und förmlicher mit Ihren Vorgesetzten sprechen, als mit Kollegen auf der gleichen Hierarchieebene. Die Art und Weise, wie der Inhalt in der Kommunikation vermittelt wird, hängt also mit der Beziehungsebene eng zusammen.
3. Kommunikation ist immer Ursache und Wirkung
Wir haben vorhin gelernt, dass du nicht nicht kommunizieren kannst. Immer, wenn du etwas zu jemanden sagst oder durch Nonverbales kommunizierst, forderst du damit eine Reaktion heraus – egal wie klein diese ist. Auf diese Reaktion kannst du dann wiederum reagieren – und so weiter. Es entsteht also ein ewiger Kreis der Kommunikation.
Beispiel:
Beim Aussteigen wunderst du dich über Ulis genervten Ton (Ursache) und fragst: „Was hast du denn?“(Wirkung). Uli reagiert darauf mit einem lauten Seufzer und noch mehr Augenrollen (Reaktion). Du lässt nicht locker und hakst nochmal nach (Reaktion). Uli entgegnet: „Jetzt lass mich doch einfach mal in Ruhe, es ist für mich noch zu früh zum Quatschen!“ (Reaktion)
Du siehst, das Ganze könnten wir noch unendlich weiterspinnen. Vielleicht kennst du auch Konflikte, in denen es darum geht, wer denn angefangen hat? Laut Watzlawick sind diese Konflikte nicht lösbar, da es nie einen eindeutigen Anfang gegeben hat, sondern Kommunikation ein Kreislauf ist.
4. Menschliche Kommunikation bedient sich analoger und digitaler Modalitäten
Digital und analog haben hier nichts mit einem Handy und einem Blatt Papier zu tun – im alltäglichen Sprachgebrauch ist dieses Axiom also etwas irreführend. Was bedeuten diese beiden Begriffe also? Schau mal her:
- Digital: In deinen Aussagen gibt es keinen Interpretationsspielraum. Es wird der rein sachliche Inhalt kommuniziert („Der Stift ist rot“).
- Analog: Hier gibt es hingegen sehr wohl einen Interpretationsspielraum. Analog bezieht Mimik und Gestik mit ein und meint somit das Nonverbale beim Kommunizieren (z. B. ein trauriger Gesichtsausdruck, schlaffe Schultern).
Laut Watzlawick besteht menschliche Kommunikation also immer aus dem sachlichen Inhalt ohne Interpretationsspielraum und der Mimik und Gestik.
Beispiel:
Als etwas Zeit vergangen ist und sich alle einen Kaffee geholt haben, geht das erste Meeting im Büro los. Du siehst Uli an und stellst fest, dass er nun keine Kopfhörer trägt, sein Blick gerade auf dich gerichtet ist und er lächelt. Kurz darauf sagt er: „Vorhin wollte ich nicht schroff sein, ich war einfach nur sehr müde“.
Bevor Uli den Grund für sein Verhalten digital ausgesprochen hat, wusstest du schon durch das Analoge in seinem Verhalten, dass er wacher ist und freundlich zu dir sein wird.
Kompliziert wird es, wenn Digitales und Analoges sich widersprechen. Beispiel: Jemand sagt dir mit wässrigen Augen und zittrigen Händen: „Alles gut, mir geht’s gut“. Dann musst du entscheiden, was in dem Moment wichtiger ist – analog oder digital.
5. Kommunikation ist symmetrisch oder komplementär
Hier sind wir weder in der Mathematik noch in der Farbenlehre zu Hause. Eine symmetrische Kommunikation meint hier, dass Personen in einem Gespräch auf gleicher Ebene sind, also auf Augenhöhe miteinander kommunizieren. Hier spielen also die Gemeinsamkeiten der beiden Menschen eine größere Rolle. In einer komplementären Kommunikation ist das genau das Gegenteil: Hier stehen die Unterschiede der Personen im Mittelpunkt (z. B. anderes Aussehen, andere Position in der Hierarchie, usw.).
Beispiel:
Uli fragt dich nun mit Kaffee in der Hand, ob du gestern das Spiel gesehen hast und möchte anfangen, zu plaudern. Mitten in eurem Gespräch kommt die Chefin dazu und unterbricht mit den Worten: „Na dann können wir mal anfangen, oder?“
Das Gespräch mit Uli und dir war symmetrisch. Die Unterbrechung durch die Chefin war zu euch beiden komplementär.
Im Laufe der Zeit können sich auch symmetrische Beziehungen zu komplementären Beziehungen entwickeln und andersherum. Berühmtes Beispiel: Das Kind wird über das Teenageralter hinweg irgendwann erwachsen und begegnet den Eltern auf Augenhöhe. Es hat also eine Entwicklung von einer komplementären Beziehungskommunikation hin zu einer symmetrischen Kommunikation stattgefunden.
Fazit
Du siehst also, wir kommunizieren mit einem einfachen Nicken oder auch mit einer wegdrehenden Körperbewegung ganz schön viel. Das wiederum löst eine Reaktion bei deinem Gegenüber aus. Wie eure Beziehung zueinander ist und ob diese symmetrisch oder komplementär ist, spielt dabei ebenfalls eine große Rolle. Nicht ohne Grund beschäftigen sich zahlreiche Wissenschaftler und Psychologen mit der Kommunikation. Die 5 Axiome nach Watzlawick helfen dabei, die Komplexität herunterzubrechen, sodass du diese Details in deinem normalen Arbeitsalltag wahrnehmen kannst.
Fragen und Antworten
1. Axiom: Man kann nicht nicht kommunizieren.
2. Axiom: Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt.
3. Axiom: Kommunikation ist immer Ursache und Wirkung.
4. Axiom: Menschliche Kommunikation bedient sich analoger und digitaler Modalitäten.
5. Axiom: Kommunikation ist symmetrisch oder komplementär.
Damit ist gemeint, dass wir nicht unbedingt etwas sagen müssen, um mit anderen zu kommunizieren. Alles Nonverbale (also z.B. ein Augenrollen, ein Seufzen, deine Körperhaltung oder deine Blickrichtung) sagt ebenfalls etwas aus. Dein Verhalten bedeutet also Kommunikation und du kannst dich nicht nicht verhalten.
Mit den 5 Axiomen nach Watzlawick lernst du, die Kommunikation anderer und von dir selbst besser zu verstehen. Damit kannst du Missverständnisse vermeiden oder Konflikten vorbeugen. Im Berufsalltag führt das zu einer höheren Motivation und Produktivität im Team.