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Artikel: Empathie lernen

Empathie: Kann man das lernen oder hat man das?

Auf einen Blick

Experten der intrinsischen Motivationsforschung unterscheiden drei Formen des Einfühlungsvermögens: die emotionale, die soziale und die kognitive Empathie – und das nicht ohne Grund. Trifft beispielsweise ein Vertreter der emotionalen Empathie auf einen Vertreter der kognitiven Empathie aufeinander und beide erklären einander „ich bin empathisch“, kann das zu enormen Missverständnissen führen.

Dies ist ein Gastbeitrag von Monika Janzon und Birgit Krüger

Bisher erschienene Artikel dieser Serie:

Empathie ist nicht gleich Empathie! Genauer gesagt, werden sogar drei verschiedene Arten von Empathie unterschieden. In diesem Artikel gehen wir auf diese drei Formen ein und schauen genauer hin, ob bestimmte Merkmale aus der Persönlichkeitsdiagnostik mit Empathie korrelieren.

Drei Formen von Empathie

Die emotionale Empathie

Menschen, die emotional empathisch sind, haben ein hohes Einfühlungsvermögen im Umgang mit einzelnen Personen. Sie fühlen einfach mit, sie haben Mitleid und spüren den Wunsch zu helfen. Dies tun sie mit einem offenen Ohr und nicht selten auch mit einer Umarmung, weil sie die Emotionen ihres Gegenübers einfach nachempfinden können.

Was wir gelernt haben: Das aus der motivbasierten Persönlichkeitsdiagnostik am stärksten relevante Merkmal für emotionale Empathie ist die „Soziale Akzeptanz“. Menschen mit einer hohen Ausprägung bei diesem Merkmal spüren und fühlen die Emotionen ihres Gegenübers.

Die soziale Empathie

Diese Menschen haben ein hohes Einfühlungsvermögen für eine, in einer bestimmten Art benachteiligten Gruppe. Sie nehmen diese Benachteiligung wahr, indem sie mitleiden. Das ist der Grund, warum sie humanitäre oder „Eine-für-alle“-Hilfe leisten.

Was wir gelernt haben: Das aus der motivbasierten Persönlichkeitsdiagnostik am stärksten relevante Merkmal für soziale Empathie ist die „Barmherzigkeit“ oder anders genannt der „Idealismus“. Menschen mit dieser hohen Ausprägung sind intrinsisch motiviert, aus dem altruistischen Anteil des Mitleids heraus, anderen zu helfen. Sie sehen den Bedarf der Schwächeren und helfen, auch ungefragt und ohne Gegenleistung zu erwarten.

Die kognitive Empathie

Menschen mit einer kognitiven Empathie sind in der Interaktion mit Einzelnen oder einer Gruppe und analysieren. Der Kontext, oder das Problem, wird rational verstanden und die Hilfe erfolgt über logische oder methodische Unterstützung. Die Unterstützung resultiert aus Methoden, die zuvor erlernt oder trainiert wurden oder aus vielen (bewussten) Reflexionen.

Was wir gelernt haben: Das aus der motivbasierten Persönlichkeitsdiagnostik am stärksten relevante Merkmal für kognitive Empathie gibt es nicht. In der Regel sind dies Menschen mit einer neutralen bis niedrigen Ausprägung bei den vorgenannten Merkmalen (Soziale Akzeptanz, Barmherzigkeit und Idealismus). Gleichzeitig gibt es beim Blick in die Arbeitswelt eine neutrale bis starke Ausprägung bei dem Merkmal „Entscheidungsfreude“. Das führt dazu, dass kognitiv empathische Menschen das Problem des Gegenübers erfassen und direkt eine Lösung parat haben.

Intrinsisch veranlagte Stolpersteine

Stell Dir vor, Du bist Projektmitglied, gehörst zu den „Emotionalen“ und schüttest dein Herz gegenüber einem „Kognitiven“ aus. Diese Person überlegt nicht lange und gibt dir Hilfestellungen und Lösungen, die sie erlernt hat, und zwar in guter Absicht einer funktionierenden Lösung. Du denkst währenddessen: „Nimm dir doch einfach nur mal Zeit für mich! Dann gehts mir doch schon besser!“

Und umgekehrt: Der „Kognitive“ trifft auf den „Emotionalen“. Da ist der Gedankengang eher „Ich will dein Mitleid nicht, ich wünsche mir einfach nur eine Lösung. Und rück mir bitte nicht so auf die Pelle!“

Weitere Missverständnisse im realen Leben

Durch den Gebrauch des Begriffs „Empathie“, beispielsweise in einem Team von zwei Teammitgliedern, kann es zu Unterstellungen kommen, weil das Verständnis so unterschiedlich ist.

Der „Emotionale“ fühlt sich von „Kognitiven“ ausgenutzt, da dieser nur Verständnis heuchelt. Eigentlich will er nur, dass xy getan wird. Genauso kann es zu Irritationen kommen, wenn sich zum Beispiel ein kognitiv empathischer Bewerber im Interview als empathisch beschreibt und der emotional empathische Personaler nur Rationalität wahrnimmt.

Daher unser Impuls: Wenn Dein Gegenüber von sich sagt „Ich bin empathisch“: Dann frag ihn oder sie einfach, welche Form von Empathie diese Person aus der eigenen Perspektive auszeichnet, die emotionale, die soziale oder die kognitive Empathie?

Um alle Missverständnisse zwischen dir und uns an dieser Stelle auszuschließen: Es gibt keine richtige oder falsche, keine gute oder schlechte Empathie. Alle drei Formen sind richtig und wichtig in einem Projektteam. Warum? Weil die Welt außerhalb deines Teams ebenfalls heterogen ist. Wichtig ist nur, dass du bewusst hinschaust: Wer ist mein Gegenüber?

Und jetzt die Antwort auf die wichtige Frage:

Kann man Empathie lernen oder hat man das?

Ja, Empathie kann man lernen! Wenn du bis hierhin gelesen hast, weil dich das Thema interessiert, dann sind wir überzeugt, dass du Empathie lernen kannst. Denn du signalisierst Offenheit für ein wichtiges Thema in der neuen Arbeitswelt.

Vielleicht hast du selbst auch vorher schon – kognitiv – erkannt, dass du die Gefühle der emotionalen und/oder sozialen Empathie nicht spüren kannst. Aber deine Erfahrung – dein erlerntes Wissen – hat dir gezeigt, wann sich eher eine Lösung oder eine Umarmung anbietet. Genau an dieser Stelle hast du also Empathie gelernt.

Fazit

Mit Erfahrung, Wissen und Übung können wir Menschen Empathie lernen. Den Beitrag schließen wir heute mit Birgits 4. Coaching Impuls, den sie auf Karten mit dem Pinguin Motiv verteilt. „Du kannst nur das sehen, was Du kennst. Also lerne, um sehen zu können.“

Und hier noch die Ankündigung zu unserem nächsten Beitrag: „Menschen sind von Natur aus intolerant!“ Hört sich voll krass an, oder? Aber, dass ist in unserem Verständnis nichts Verwerfliches. Wir Menschen sind „nur“ intolerant, weil wir anderes Handeln und Kommunizieren unbewusst nicht dulden bzw. nicht verstehen können oder wollen.

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