Auf einen Blick
Der Entwickler des ersten motivbasierten Diagnostikverfahrens - Prof. Dr. Steven Reiss – hat Motivation in den 1990iger Jahren, kurz und knackig formuliert, neu erklärt: „We value what we want. And we want what we value“ also, „Wir schätzen was wir wollen. Und wir wollen was wir schätzen.“
Dies ist ein Gastbeitrag von Monika Janzon und Birgit Krüger
Heute, nach über 15 Jahren Anwendung, wissen wir, es geht um positive Emotionen, die jeder einzelne fühlt, wenn die eigenen starken Bedürfnisse befriedigt werden. Was aber passiert, wenn sie nicht befriedigt werden? Dann steigt Frust hoch – die negative Seite der „Emotions-Medaille“ kommt zum Vorschein.
Denkst Du jetzt „So what, so ist das halt!“ „Gefühlsduselei ist was fürs Privatleben, was soll ich für meine Projektarbeit daraus lernen?“ dann lies gerne unsere Kurzfassung.
Des Menschen innerer Kern
„What makes me tick?“
Menschen sind – Gott sei Dank – unterschiedlich und dies eben auch hinsichtlich ihrer Emotionen. ABER bzw. UND was des einen Lust, ist des anderen Frust! Bevor es zu abstrakt wird, helfen dir für ein schnelleres Verständnis unsere Protagonisten Walter und Annika.
Walter hast du bereits in unserem vorherigen Beitrag kennengelernt (ggf. liest Du diesen zuerst). Heute ist er Geschäftsführender Gesellschafter, in einer seiner vorherigen Positionen war er Projektleiter in einem großen, global agierenden Logistik Unternehmens. Annika war zu dieser Zeit seine Kollegin aus der Übersetzungsabteilung.
Des Menschen innerer Kern und wie der wirkt, stellen wir dir also mit Annika und Walter kurz vor. Um die beiden hinsichtlich ihrer unterschiedlichen Motivation vorzustellen, stelle Dir bitte die russische Matrjoschka vor. Du weißt schon, dieses oft unförmige, kitschig angemalte Püppchen im Püppchen. Für Dich öffnen wir die Matrjoschka jetzt von außen nach innen.
Von außen nach innen
Kompetenzen/Fertigkeiten & Verhaltenspräferenzen
Die äußere Matrjoschka – sie steht für Kompetenzen/Fertigkeiten & Verhaltenspräferenzen
Menschen lernen Menschen in ihren Kompetenzen und Erfahrungen im beruflichen Kontext kennen, die sie über Zeugnisse jeder Art, aber auch Arbeitsproben, Zertifikate und Urkunden belegen. Walter hatte bei seiner Bewerbung sein BWL-Diplom mit Schwerpunkt Logistik für die Projektleiter Position beigelegt und Annika ihre Arbeitsproben deutsch/englisch bzw. deutsch/französisch für die Position als Übersetzerin.
Nach erfolgreich bestandener Probezeit kannten ihre Kollegen die Beiden und sie waren in der Lage, deren jeweiligen Verhaltenspräferenzen zu benennen. Wenn dieses oder jenes passiert, dann handelt oder kommuniziert Walter so bzw. Annika so. So wussten sie, übernimmt Walter ein neues Projekt, dann macht er tabula rasa. Das bedeutet: Er legte Ordner in der immer gleichen Struktur an, labelte alle Meilensteine immer gleich und war wie der Teufel hinter dem Einhalten der Termine her. Alle Kollegen wussten, wo was steht, was wann fertig sein musste, etc. Das liebten sie an Walters Arbeit.
Annika war bekannt dafür, dass sie – auch wenn sie bereits mehrere Übersetzungsarbeiten aktiv bearbeitete – eine weitere übernahm. Sie liebte es, mehrere Texte gleichzeitig zu übersetzen. Das überraschende dabei für viele: trotz dieser vielen Aufgaben litt die Qualität ihrer Übersetzungen in keinster Weise!
Übrigens, auch im Privaten haben die Freunde die Vorteile von Walter bzw. Annika erkannt. So ist Walter der, der von seinen Freunden stets beauftragt wurde und wird, zum Beispiel ein Grillwochenende für alle zu organisieren. Dann ist alles, wirklich alles vor und während des Events da, wo es sein soll. Sie wissen aber auch, ist um 17.00 Uhr angrillen angesagt und es kommt ein Regenschauer runter, dann wirkt er überfordert und nicht wirklich entspannt. Er hat extrem schlechte Laune, wenn sein Plan nicht aufgeht.
Freunde von Annika lieben ihre Spontanität. So ist sie die gern gefragte Begleiterin, wenn es um spontane Ausflüge oder kurzfristige Aktivitäten geht. Das ist einfach mit ihr, weil sie sich extrem gut auf neue Pläne einlassen bzw. ihre vorhandenen Verabredungen irgendwie organisieren kann, dass alles passt. Schwierig wird es allerdings, wenn ihr Freund, der wesentlich organisierter ist als sie, das Wochenende mit ihr planen will. Sie findet das einengend und sie fragt sich, warum „man“ das nicht spontan entscheiden kann. Sie verliert manchmal die Lust auf das gemeinsame, verplante Wochenende.
Extrem verärgert sind die Freunde lediglich dann, wenn Annika aufgrund ihrer Spontanität nicht pünktlich ist, und Kinobesuche nur auf den letzten Drücker erreicht werden. Das ist dann Stress pur für die Freunde.
Kommunikation
Die nächste Matrjoschka – steht für die Kommunikation
Nicht nur das, WAS Walter und Annika sagen, auch die Art und Weise WIE sie es sagen, geben Hinweise auf deren Bedürfnisse. Bei dem WAS haben wir die Erfahrungen gemacht, dass insbesondere Redewendungen genutzt werden. In diesem Fall „Ordnung ist das halbe Leben“ oder „Wer Ordnung hält, ist doch nur zu faul zum Suchen“. Dir die Frage zu stellen, wer von den beiden welche Redewendung bevorzugen könnte, ist an dieser Stelle nur rhetorisch. 😉
Und das WIE? Menschen mit einer hohen Ordnungsliebe wie Walter, kommunizieren mit Worten und kongruenter Gestik – z.B. sagen sie „Haken dran“ und unterstützen dies mit dem Zeigefinger und Daumen zum Hakensymbol. Sie lächeln bzw. sehen entspannt dabei aus. Während Menschen wie Annika mit niedriger Ordnungsliebe von sich als Improvisationstalent sprechen und ggf. wuselig mit den Händen „erklären“, wirken sie trotzdem entspannt.
Zum WIE gehört auch Nutzungshäufigkeit bestimmter Begriffe: Plan machen, roten Faden haben, Agenda schreiben und Struktur sowie flexibel sein, gleichzeitig, grober Rahmen, Termin nicht zu früh fixieren, etc.
Überzeugungen
Die dritte Matrjoschka – steht für die inneren Überzeugungen
Innere Überzeugungen sind wie persönliche Leitsätze. Sie prägen maßgeblich unsere Art der Kommunikation. Meist sind sie so selbstverständlich, dass wir gar nicht bewusst daran denken. Wenn die eigenen Leitsätze allerdings nicht gelebt werden können, weil man beispielsweise in für sich falschen Rahmenbedingungen arbeitet, dann mutieren sie zu Leidsätzen.
Walters Leitsatz lautet so oder so ähnlich „Ich will Strukturen und Prozesse, ich will ´nen Plan. Ich will Sauberkeit und Hygiene“, Annika´s Leitsatz hingegen lautet ähnlich wie „Ich will Spontanität, frei von Strukturen/Prozessen sein“. Diese inneren Überzeugungen prägen ganz selbstverständlich und unbewusst unsere Einstellungen, sie sind handlungsleitend und haben sogar Einfluss auf unsere Träume.
Leidsätze werden es, wenn die Jobs viele Aufgaben mit sich bringen, die gegen Walters Planungsbedürfnis bzw. gegen Annikas Spontanität sind.
Woher aber kommen diese Leitsätze? Was ist die Quelle für die inneren Überzeugungen? Dafür gilt es noch eine Ebene tiefer abzutauchen.
Emotionen
Die innerste Matrjoschka – steht für die Emotionen
Genauer gesagt, unterscheiden wir hier nach Lust-Emotion, die für Motivation und Frust-Emotion, die für Demotivation steht.
Lust stellt sich bei Walter dann ein, wenn er das, was er schätzt auch umsetzen kann. Er schätzt die Ordnung und Werkzeuge (Kalender, Archivierungsmaterial), die ihm Ordnung ermöglichen, nutzt er gerne und ganz selbstverständlich. Dagegen hasst er alles, was gegen seine Ordnung spricht – siehe auch „What the hell, intrinsische Motivationsforschung“. In letzter Konsequenz heißt das, um das verhasste Chaos zu vermeiden, will er erstmal alles in Ordnung zu bringen. DAS ist der automatische Impuls, der in seinem Handeln sichtbar wird.
Bei Annika ist es genau umgekehrt. Ein aufgeräumtes (gefühlt steriles) und/oder in kleinsten Prozessschritten organisiertes Arbeitsumfeld hasst sie wie der Teufel das Weihwasser. Sie fühlt sich eingeengt von Vorgaben und kann solche Aufgaben dann nur mit großer Anstrengung und Unlust übernehmen. Ihr automatischer Impuls der sichtbar wird, sind Unterbrechungen aller Art und möglicherweise Chaos auf dem Tisch, denn schließlich liebt sie die Abwechslung. Dadurch startet der eine oder andere Termin verspätet oder sie ist unvollständig vorbereitet.
Fazit
Warum „What makes me tick?“ besser noch „What makes me – and others – tick?“ so wichtig ist, beschreiben wir in unserem nächsten Artikel „Mein Projekt – bin ich ein Pinguin im Wasser, oder einer in der Wüste?“