Die Kurzfassung für Eilige
Agiles Projektmanagement ist keine konkrete Methodik, sondern ein Sammelbegriff für verschiedene Projektmanagement-Methodiken wie Scrum oder Kanban. Diese folgen einem iterativen Ansatz, bei dem in kurzen Abständen (Teil)-Ergebnisse geliefert werden und schnelles Feedback von Stakeholdern eingeholt wird. Durch diese überschaubaren Abschnitte kann schnell auf geänderte Anforderungen reagiert werden.
Hast du schon einmal ein neues Produkt entwickelt und auf den Markt gebracht? Oder neue Dienstleistungen erschaffen und Kunden damit zufrieden gestimmt? Wenn ja, dann weißt du: Das ist keine einfache Angelegenheit! Gleiches gilt für das Einführen neuer Prozesse oder das Umsetzen von Change-Projekten. Dabei klingt alles zunächst ganz simpel: Erst wird ein Konzept erstellt, daraus ein Plan entwickelt, dieser umgesetzt und überwacht, bis schließlich das Projekt abgeschlossen wird.
Das Problem ist nur: So einfach läuft es meist nicht. Wahrscheinlich bist du gut vorbereitet, und dein Projekt läuft wie geplant. Allerdings dreht sich unsere Welt immer schneller, Rahmenbedingungen ändern sich, ehe du das Wort „Projektplan“ ausgesprochen hast und Kunden ändern fast täglich ihre Meinung – falls sie überhaupt jemals wussten, was sie eigentlich wollen oder benötigen. Vielleicht kommt dir folgendes Bild bekannt vor:
Wenn du mit deinem Team und deinem Unternehmen nicht flexibel auf solche Änderungen reagieren kannst, dann riskiert ihr nicht nur unzureichende Projektergebnisse, sondern auch langfristig, am Markt nicht bestehen zu können. Der Wettbewerb auf den Märkten ist angesichts des rasanten technologischen Fortschritts härter als je zuvor. Die Produktlebenszyklen sind kürzer und die Anforderungen an das Produkt oder Projekt können sich jederzeit im Projektverlauf schnell ändern. Das gilt insbesondere für komplexe Produktentwicklungsprojekte oder Marketing-/Salesprojekte in sehr bewegten Märkten.
In solchen Situationen kommen agile Ansätze ins Spiel: Schnelles Anpassen an neue Gegebenheiten, der Wille und die Fähigkeit zur Veränderung sind eine wichtige Voraussetzung zur Umsetzung von Projekten in einer immer schnelleren und komplexeren Welt.
Die Grundideen:
- Projekte werden in kurzen, iterativen Zyklen durchgeführt.
- Der Projektfortschritt wird jederzeit für alle transparent dargestellt.
- Es herrscht ein hohes Maß an Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Projektteam und dem Kunden.
- Alle neuen (Teil-)Ergebnisse erhalten so früh wie möglich Feedback, das als Basis für das weitere Vorgehen dient.
Die Beliebtheit und Wichtigkeit agiler Methoden wurde nicht nur in der freien Wirtschaft erkannt: Das Project Management Instituts (PMI®) als weltgrößter Projektmanagement-Verband legt in der neuesten Version seines Rahmenwerks Guide to the Project Management Body of Knowledge (PMBOK® Guide) deutlich mehr Wert auf agile und hybride Ansätze.
Ohne agiles Projektmanagement als einzig sinnvolle Lösung für alle Projektprobleme anzusehen, gibt dieser Artikel einen Überblick über agile Ansätze im Projektmanagement.
Wenn du schon länger zu unseren Lesern gehörst, dann weißt du: Wir sind pragmatisch und nicht ideologisch. Daher werden wir dir in diesem Artikel einen Überblick über agile Ansätze im Projektmanagement geben, ohne diese als einzig sinnvolle Lösung für alle Projektprobleme zu präsentieren. Das einzig sinnvolle Mindset lautet: Setze das richtige Werkzeug für den richtigen Einsatzzweck ein.
Was ist agiles Projektmanagement?
Agiles Projektmanagement ist keine konkrete Methodik, sondern ein Sammelbegriff für verschiedene Projektmanagement-Methodiken wie Scrum oder Kanban. Diese folgen einem iterativen Ansatz, bei dem in kurzen Abständen (Teil)-Ergebnisse geliefert werden und schnelles Feedback von Stakeholdern eingeholt wird. Durch diese überschaubaren Abschnitte kann schnell auf geänderte Anforderungen reagiert werden. Typische Merkmale von agilen Projekten:
- Sie werden iterativ in kurzen Zyklen abgewickelt.
- Der Fokus liegt auf der Orientierung an Kundenwünschen und dem Erschaffen von Werten.
- Regelmäßiges Feedback und Kommunikation spielen eine große Rolle.
- Es wird schnell und proaktiv auf geänderte Anforderungen reagiert.
- Die Teams arbeiten selbstorganisiert.
Agiles Projektmanagement an sich schreibt keine Prozesse, Rollen oder Regeln vor. Stattdessen ist es eine Art zu Denken und zu handeln – basierend auf den Werten und Prinzipien des agilen Manifests.
Weiterlesen: Agiles Projektmanagement: Definition und geschichtliche Entwicklung
Das Agile Manifest
Das agile Manifest (Agile Manifesto) wurde 2001 veröffentlicht und enthält grundsätzliche Leitlinien für agile Software-Entwicklung. Es enthält 4 Werte und 12 Prinzipien, die für ein erfolgreiches agiles Arbeiten von allen Beteiligten einzuhalten sind. Mit steigender Popularität agiler Ansätze auch in anderen Branchen wird das agile Manifest nicht mehr ausschließlich für Software-Projekte verwendet.
Folgende vier Werte sind im agilen Manifest definiert:
- Individuen und Interaktionen haben Vorrang vor Prozessen und Werkzeugen
- Funktionsfähige Produkte haben Vorrang vor umfangreicher Dokumentation
- Zusammenarbeit mit dem Kunden hat Vorrang vor Vertragsverhandlungen
- Das Reagieren auf Änderungen hat Vorrang vor striktem Einhalten eines Plans
Wichtig: Es darf nicht der Eindruck entstehen, traditionelle Werte wie Prozesse, Dokumentation, Verträge und Pläne wären unwichtig und spielen im agilen Projektmanagement keine Rolle mehr. Im Gegenteil: Viele agile Frameworks sind stark geprägt von Prozessen, auch Dokumentationen spielen eine große Rolle. Der Unterschied liegt im grundsätzlichen Denkansatz nach dem zum Beispiel im Zweifel ein adaptiver Ansatz gewählt wird, statt einem Plan streng zu folgen.
Im folgenden Artikel findest du weitere Informationen zum agilen Manifest und den Werten und Prinzipien.
Weiterlesen: Das agile Manifest im Überblick
Vorteile und Nachteile des agilen Projektmanagements
Agiles Projektmanagement hat eine Reihe von Vorteilen. Eine Auswahl gefällig? Hier ist sie:
- Schrittweises Vorgehen: Ein komplexes Projekt muss nicht von vornherein in allen Details überblickt werden. Stattdessen kann sich das Team gemeinsam mit dem Kunden Schritt für Schritt der Lösung nähern.
- Regelmäßige Ergebnisse: In kurzen Abständen werden kleine Häppchen fertiggestellt, getestet und dem Kunden zur Verfügung gestellt, statt nur am Ende einen großen Brocken zu veröffentlichen.
- Frühes Feedback: Kleine Teilergebnisse in kurzen Abständen sind ideale Feedback-Punkte, auf deren Basis das weitere Vorgehen geplant werden kann.
- Verringertes Risiko: Besonders bei langen Projekten können sich Rahmenbedingungen schnell ändern. Wird ein Plan streng verfolgt, kann das Produkt schlimmstenfalls am Markt vorbei entwickelt werden. Ein interaktives Vorgehen ermöglicht es, flexibel auf neue Anforderungen zu reagieren.
- Höhere Kundenzufriedenheit: Keine Frage, auch in klassisch geplanten Projekten kann eine hohe Kundenzufriedenheit erreicht werden. Agile Ansätze bieten jedoch mit ihren fest eingeplanten Feedback-Schleifen eine gute Voraussetzung, um Schritt für Schritt gemeinsam mit dem Kunden herauszufinden, was dieser wirklich benötigt.
- Projektsteuerung anhand von Ergebnissen: In traditionell geplanten Projekten wird der Projektfortschritt anhand der Einhaltung von Kosten- und Terminplan gemessen, der auf Basis einer Schätzung entstanden ist – und diese kann stark daneben liegen. Agile Ansätze setzen auf Kennzahlen, die auf der tatsächlich gelisteten Arbeit basieren, wie Anzahl Releases pro Jahr, Anzahl Fehler pro Release oder Grad der Kundenzufriedenheit.
- Weniger Dokumentation: Wozu einen ausführlichen Anforderungskatalog erstellen, der schon nach kurzer Zeit nicht mehr aktuell ist und angepasst werden muss? Gemäß den Werten des agilen Manifests liegt der Fokus auf der Produktentwicklung und es wird nur so viel dokumentiert, wie unbedingt nötig ist.
Agil = eitel Sonnenschein? Ganz so einfach ist es nicht. Im Grunde könnte jeder der genannten Vorteile kritisch hinterfragt und in einen potenziellen Nachteil umformuliert werden. Wir greifen uns ein paar typische Herausforderungen und Nachteile heraus:
- Weniger vorhersehbar: Wie lang wird es dauern, Feature A zu entwickeln? Besonders zu Beginn eines Projekts sind die Unsicherheiten groß und Schätzungen fallen schwer. Dies ist umso schwieriger, je unerfahrener ein Team in agilen Methoden ist. Ist der Start holprig, kann schnell Frust bei allen Beteiligten entstehen.
- Projekte laufen aus dem Ruder: Wir arbeiten uns Schritt für Schritt voran und entwickeln das perfekte Produkt? Das kann funktionieren – aber auch schiefgehen. Fehlt eine klare Vision oder können die Stakeholder ihre Anforderungen nicht präzise formulieren, kann ein Projekt schnell vom Kurs abkommen.
- Hohes Maß an Zusammenarbeit erforderlich: Regelmäßiges Feedback, ständiger Austausch, gemeinsames Testen: Um von den Vorteilen profitieren zu können, müssen auch jederzeit Ressourcen verfügbar sein, die gern in Teams arbeiten und über ausgeprägte Kommunikationsfähigkeiten verfügen.
- Zu wenig Dokumentation: Auch in agilen Projekten wird dokumentiert – nur weniger als bei traditionellen Ansätzen. Wenn der Fokus auf der Erstellung funktionierender Produkte liegt, besteht die Gefahr, dass wichtige Dokumentation vernachlässigt wird.
Keine Frage: All diese Nachteile können mit geeigneten Maßnahmen adressiert werden. Einige der größten Hürden im agilen Projektmanagement liegen ohnehin woanders, wie du im nächsten Abschnitt erfahren wirst.
Zahlen und Fakten
Der jährliche Report zum agilen Projektmanagement „State of Agile“ hat auch in diesem Jahr ein paar Interessante Fakten parat. Waren agile Ansätze schon seit Jahren auf dem Vormarsch, wurden sie durch die Covid-19-Pandemie kräftig befeuert:
„Als Reaktion auf die Pandemie beschleunigen Organisationen die Einführung neuer Prozesse, Praktiken und Technologien, um den Veränderungen bei der Auslieferung von Produkten und Dienstleistungen gerecht zu werden.„
Frei übersetzt, Quelle: State of Agile
Ein weiteres Zitat:
„Der diesjährige Bericht zeigt einen explosionsartigen Anstieg bei der Einführung von agilen Ansätzen in allen Unternehmensbereichen […] sowohl in der Entwicklung als auch in nicht-IT-Bereichen wie Finanzen, Personal und Marketing.“
Frei übersetzt, Quelle: State of Agile
Unternehmen profitieren in unterschiedlichen Bereichen von agilen Ansätzen:
Weitere interessante Zahlen und Fakten:
- Mehr als 70% aller Organisationen nutzen agile Ansätze in ihrem Unternehmen. Quelle
- Agile Projekte sind im Durchschnitt 28% erfolgreicher als klassisch geplante Projekte. Quelle
- Der wichtigste Grund für die Einführung agiler Ansätze ist die Verbesserung der Fähigkeit, mit wechselnden Prioritäten umzugehen
- 80-90% aller agilen Projekte werden mit Scrum oder Scrum-Hybriden gemanagt. Quelle
- 44% aller Organisationen nutzen immer oder oft agile oder hybride Ansätze. Quelle: Project Management Institute (2021). Beyond Agility: Flex to the Future. Pulse of the Profession®.
Methoden im agilen Projektmanagement
Im Grunde könnte agiles Arbeiten ganz einfach sein: Man nehme das agile Manifest mit seinen Werten und Prinzipien, stelle ein selbstorganisiertes Team zusammen und überlasse es ihnen, ohne Vorgaben „von oben“ nach den agilen Leitlinien zu arbeiten.
Was nach einem interessanten Experiment klingt, ist in der Praxis schwer umsetzbar. Sei es aufgrund der Unternehmenskultur oder gesetzlicher Vorgaben: Schnell wird der Ruf nach Prozessen und Regeln laut. Anders ausgedrückt: „Wie soll es denn nun konkret funktionieren?“ Genau hier kommen agile Methoden bzw. Methodiken ins Spiel (mehr zum Unterschied der Begriffe findest du in diesem Artikel). Mit ihren Regeln sowie Beschreibungen von Prozessen und Rollen ermöglichen sie es, agile Ideen praktisch in die Tat umzusetzen.
Die Statistiken der letzten Jahre sprechen eine eindeutige Sprache: Scrum ist mit großem Abstand das beliebteste agile Framework im Projektmanagement. Laut dem letzten „State of Agile“-Report von 2021 werden 81% aller agilen Projekte mit Scrum oder Scrum-Hybriden Scrumban und Scrum/Extreme Programming (XP) abgewickelt.
Es gibt unzählige agile Methoden, Frameworks und Methodiken – wir picken uns die bekanntesten und beliebtesten heraus.
Scrum
Scrum ist mit großem Abstand der beliebteste agile Ansatz im Projektmanagement. Der offizielle Scrum-Guide bezeichnet Scrum als ein Rahmenwerk (Framework), mit dessen Hilfe Menschen komplexe adaptive Aufgabenstellungen angehen und sowohl produktiv als auch kreativ Produkte in höchster Qualität ausliefern können.
Scrum ist laut offiziellem Guide also kein Modell zur Software-Entwicklung, sondern ein allgemeines Framework für agiles Vorgehen und wird immer häufiger auch in anderen Branchen genutzt, wie zum Beispiel Versicherungen, Investment-Unternehmen, im Marketing oder in der Verwaltung.
Das Scrum-Framework besteht aus Scrum-Teams und ihren Verantwortlichkeiten (Accountabilities), Ereignissen (Events), Artefakten (Artefacts) und Regeln (Rules). Ein Scrum-Projekt verläuft in festen Zeitabschnitten, den sogenannten Sprints.
Weiterlesen: Scrum: Der ultimative Überblick für Einsteiger
Kanban
Kanban ist ursprünglich keine Methodik für agiles Projektmanagement, sondern stammt aus der Ablaufsteuerung der Produktion bei Toyota. Ein paar der Ideen aus diesem Bereich wurden mit Prinzipien aus dem Lean Development und der Theorie of Constraints (Engpasstheorie) ergänzt und zu einer Projektmanagement-Methodik verwandelt.
Kanban lebt von der Visualisierung der Arbeit und der Optimierung des „Flows“ – des Flusses der Aufgaben durch den Prozess. Das Kanban-Board spielt eine zentrale Rolle in der Projektsteuerung und der täglichen Arbeit: Die Prozessschritte werden in Form von Spalten abgebildet, in denen die einzelnen Aufgaben platziert werden. Um den Fluss durch die Spalten zu optimieren, werden Work-in-Progress-Limits (WIP) vereinbart. Die Grundidee: Es darf nur eine gewisse Anzahl von Aufgaben begonnen und parallel bearbeitet werden – der Fokus liegt auf Ergebnissen statt vieler loser Enden.
Auch Kanban ist wie Scrum nicht auf die Software-Entwicklung beschränkt und wird auch in anderen Branchen erfolgreich eingesetzt.
Extreme Programming (XP)
Extreme Programming wird zwar in der Reinform nur in etwa 1% aller agilen Projekte verwendet, allerdings als Hybrid Scrum/XP in zwischen 6-10% (je nach Statistik).
Ähnlich wie Scrum und Kanban existieren auch im Extreme Programming grundlegende Werte, Prinzipien und Regeln. Es hebt sich von den anderen Methodiken jedoch durch konkrete Praktiken und Methoden zur Software-Entwicklung ab, wie zum Beispiel Test Driven Development, Refactoring, Pair Programming, Continuous Integration oder Coding Standards.
Hybride agile Ansätze
Eine Methodik in seiner Reinform funktioniert nicht im eigenen Unternehmen? Oder du würdest gern das Beste aus verschiedenen Welten kombinieren? Kein Problem: Das agile Manifest gibt einen Rahmen vor, den jede der agilen Methodiken oder auch ein Kombinationen daraus mit Leben füllen kann. Um bestmöglich von verschiedenen Ansätzen zu profitieren, werden bestimmte Ansätze gemeinsam eingesetzt, wie zum Beispiel hybride Ansätze wie Scrum/XP, Scrumban oder individuelle Methodiken.
Weiterlesen: Agile Methoden: Die beliebtesten Methoden im Überblick
Weitere agile Methoden
Crystal, Feature-Driven Development (FDD), Dynamic Systems Development Method (DSDM), Iterative Development (ID) oder PRINCE2® Agile: Es gibt eine Vielzahl weiterer Frameworks, Methodiken und einzelner Methoden.
Weiterlesen: Agile Methoden: Die beliebtesten Methoden im Überblick
Agil skalieren
In einem Unternehmen soll ein Software-Projekt agil abgewickelt werden? Schön und gut: Im einfachsten Fall existiert Erfahrung mit zum Beispiel Scrum und das Projekt wird agil durchgeführt. Was aber, wenn das ganze Unternehmen ein großer Software-Konzern ist, in dem alle Teams agil arbeiten? Oder wenn alle Unternehmensprozesse auf agilen Grundsätzen basieren sollen?
Es ist nicht damit getan, mehrere Scrum-Teams nebeneinander zu setzen und auf das Beste zu hoffen. Um agil unternehmensweit zu leben, braucht es robuste Frameworks und Prozesse. Eine kleine Auswahl:
Phasen im agilen Projektmanagement
Eine Frage, die uns immer wieder gestellt wird: Gibt es auch im agilen Projektmanagement Phasen? Ja und nein: Die Phasen sind nicht so deutlich definiert wie im klassischen Projektmanagement und es wird weniger darüber gesprochen. Trotzdem folgen viele agile Projekte einem typischen Lebenszyklus. Die folgenden 5 Phasen wurden von Jim Highsmith 2004 beschrieben, einem der Unterzeichner des agilen Manifests:
- Envision: Im ersten Schritt wird eine Vision des Endprodukts erstellt. Außerdem werden wichtige Fragen nach dem Wer, Was und Wie beantwortet (Was soll herauskommen? Welche Stakeholder und Teammitglieder sind beteiligt? Wie wollen wir vorgehen?)
- Speculate: Als logischer nächster Schritt folgt eine Konkretisierung aus der Envision-Phase. Eine erste Feature-Liste wird erstellt, erste Aufwände geschätzt und ein grober Release-Plan erarbeitet.
- Explore: In dieser Phase werden Ergebnisse erarbeitet mit dem Ziel, so schnell wie möglich Feedback von Stakeholdern zu erhalten.
- Adapt: Basierend auf dem Feedback werden die nächsten Schritte abgeleitet.
- Close: Das Projektergebnis liegt vor? Dann ist es Zeit für Lessons Learned und einen sauberen Projektabschluss.
Auch wenn agile Puristen jetzt vermutlich lauf aufschreien: Obwohl das Vorgehen und die Methoden in den einzelnen Phasen sich teilweise stark vom klassischen Projektmanagement unterscheiden, lassen sich die einzelnen Phasen auf die allgemeinen Projektmanagement-Phasen übertragen:
Agiles und klassisches Projektmanagement im Vergleich
Agiles und klassisches Projektmanagement verfolgen in einigen Teilbereichen völlig unterschiedliche Ansätze. Du willst mehr darüber wissen? In den folgenden Artikeln gehen wir auf eine Reihe von Unterschieden ein:
Unterschiede zwischen klassischem und agilem Projektmanagement (Teil 1)
Unterschiede zwischen klassischem und agilem Projektmanagement (Teil 2)
Unterschiede zwischen klassischem und agilem Projektmanagement (Teil 3)
Unterschiede zwischen klassischem und agilem Projektmanagement (Teil 4)
Die wichtigsten Fragen und Antworten
Was ist ein agiles Mindset?
Agiles Arbeiten ist keine Methode, sondern eine Art zu denken und zu handeln. Damit agile Projekte gelingen, muss ein flexibles Mindset (Geisteshaltung) bei allen Beteiligten vorhanden sein. Ein agiles Mindset zeichnet sich durch folgende Eigenschaften aus:
- Wille zu Wachsen und sich zu entwicklen
- Wille zur Zusammenarbeit und zum sozialen Austausch
- Fokus auf die Erzeugung von Ergebnissen
- Fähigkeit zum Anpassen an neue Situationen
- Gegenseitiger Respekt
Für welche Projekte und Branchen eignet sich agiles Projektmanagement?
Agiles Projektmanagement ist nicht nur in der Software- und IT-Branche vertreten. Mittlerweile werden agile Projekte im Marketing-Bereich, im Militär, in öffentlichen Einrichtungen, bei Produktions- und Fertigungsbetrieben oder im Finanz- und Versicherungssektor eingesetzt. Nicht jede Branche und jedes Unternehmen setzt agile Ansätze großflächig um. Die rasante Entwicklung von Märkten zwingt jedoch viele Unternehmen dazu, zumindest einen Teil ihrer Herausforderungen agil zu bewältigen.
Wann ist agiles Projektmanagement nicht geeignet?
Agiles Projektmanagement ist nicht die Lösung aller Probleme. Beispielsweise basiert es auf der Fähigkeit, schnelle Entscheidungen zu treffen. Nicht alle Organisationen haben allerdings diese Eigenschaft. Oft stehen dem schlichtweg gesetzlich-regulatorische Rahmenbedingungen entgegen, oder aber langsame, alternativlose Strukturen und Entscheidungsprozesse – aus unterschiedlichsten Gründen.
Ebenso liegt der iterativen Annäherung an das Ergebnis mittels „Explore und Adapt“ die Prämisse zugrunde, dass die durch das Ausprobieren entstehenden Kosten im Rahmen bleiben.
Beispiel: Während der Architekt seine Pläne zusammen mit dem Auftraggeber sicher 100% agil erstellen kann, hätte eine agile Umsetzung des darauf folgenden Hausbaus katastrophale wirtschaftliche Folgen: Wände würden eingerissen und an andere Stelle wieder aufgebaut, Fenster nach dem Einbau wieder zugemauert, Verkablung, Wasser- und Abwasserverrohrung schlimmstenfalls nach der ersten Installation später wieder umverlegt.
Was bringt agiles Projektmanagement?
Agiles Projektmanagement hat eine Reihe von Vorteilen, beispielsweise das iterative Vorgehen, mit dessen Hilfe schnell auf Änderungen reagiert und Feedback vom Auftraggeber bzw. Kunden fest im Prozess eingebaut ist. Weitere Vorteile findest du weiter oben im Artikel.
Wann ist agiles Projektmanagement sinnvoll?
Vehemente vertreter agiler Ansätze würden auf diese Frage antworten: Immer! Auch wenn diese Pauschalaussage nicht stimmt, spielt Agilität immer dann ihre Vorteile aus, wenn die Anforderungen nicht klar umrissen sind und der Weg zum Ziel noch nicht eindeutig bestimmt. Besonders Projekte in der Software- und Produktentwicklung profitieren von einem iterativen Ansatz, bei dem sich schrittweise dem optimalen Ergebnis angenähert wird. Mehr zum Auswahl der richtigen Methodik findest du in folgenden Artikeln:
Weiterlesen: Die Stacey-Matrix: Welche Projektmanagement-Methode ist die richtige?
Weiterlesen: Das Cynefin-Framework: Wann eignet sich welche Projektmanagement-Methodik?