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Delegation Poker und Delegation Board: Das Kartenspiel für mehr Selbstorganisation

Auf einen Blick

Delegation Poker ist eine von Management 3.0 entwickelte Methode, die durch den Einsatz von Karten ein klares Verständnis über Aufgabenverteilung und Entscheidungsbefugnisse im Team schafft, um Selbstorganisation zu fördern und die Führungskraft zu entlasten. Auf spielerische Weise wird über Verantwortungen "gepokert" und die Ergebnisse auf einem Delegation Board festgehalten.

Du bist Projektmanager und wünschst dir mehr Eigenständigkeit und Selbstorganisation in deinem Team? Du willst nicht bei jeder kleinen Entscheidung gefragt werden und möchtest mehr Zeit für die wirklich wichtigen Themen haben? Dann wird es höchste Zeit, Aufgaben effektiver zu delegieren – und Delegation Poker unterstützt dich dabei.

Was ist Delegation Poker?

Delegation Poker ist eine von Management 3.0 entwickelte spielerische Methode, mit der du ein klares Verständnis über Aufgabenverteilung und Entscheidungsbefugnisse im Team schaffen kannst. Die Methode wird häufig in agilen Teams eingesetzt, ist allerdings auch in traditionell aufgestellten Umgebungen nützlich. Die Grundfrage lautet immer:

Wer darf was entscheiden und tun?

Ähnlich wie beim Planning Poker werden Spielkarten eingesetzt, die das Ausmaß des Delegierens anschaulich darstellen. Das englische Kartenset kann im Shop von Management 3.0 bestellt werden, eine deutsche Version gibt es zum kostenfreien Download.

Kartenset für Delegation Poker
Delegation-Poker-Kartenset. Bildquelle: Management 3.0

Das folgende Beispiel zeigt, warum die Methode so nützlich sein kann:

Beispiel: 
In einem Projekt muss dringend ein Lieferant für kritische Materialien ausgewählt werden. Das Team will keine falsche Entscheidung treffen und wartet auf eine klare Anweisung von Projektmanager Thomas. Dieser geht jedoch von einer Entscheidung durch das Team aus („Darüber hatten wir doch mal gesprochen“). Durch diese Unsicherheit wird die Auswahl des Lieferanten unnötig verzögert.

Im Beispiel könnte Delegation Poker helfen, indem es klare Verantwortlichkeiten und Delegationslevel definiert. Das Spiel regt eine offene Diskussion darüber an, welche Entscheidungen das Team selbst treffen kann und welche Unterstützung es von Thomas benötigt, um Verzögerungen in Zukunft zu vermeiden.

Die 7 Ebenen des Delegierens

Laut Management 3.0 solltest du beim Delegieren folgende Grundsätze berücksichtigen:

  • Delegation ist kein schwarz-weißes Thema: Es gibt viele Graustufen zwischen einem Diktator und einem Anarchisten.
  • Delegation ist ein schrittweiser Prozess: Du überträgst die Verantwortung auf andere Personen in einer kontrollierten Weise.
  • Delegation ist kontextabhängig: Du möchtest so viel wie möglich delegieren, aber wenn du zu weit gehst, könnte Chaos entstehen.

Aus diesen Grundsätzen wurden 7 Ebenen entwickelt, die unterschiedliche Delegationsstufen beschreiben. In der letzten Spalte findest du auch ein Beispiel aus dem Bereich des Projektmanagements – nämlich die unterschiedlichen Möglichkeiten, Maßnahmen im Bereich des Stakeholder-Managements zu planen:

EbeneWer entscheidet?BeschreibungBeispiel
1. Verkünden
(Tell)
Ich (Vorgesetzter)Ich treffe die Entscheidung und verkünde sie. Es gibt kein Mitspracherecht.Ich lege allein fest, welche Maßnahmen wie durchgeführt werden und teile euch das Ergebnis mit.
2. Verkaufen
(Sell)
Ich (Vorgesetzter)Ich treffe die Entscheidung und versuche, dich von der Richtigkeit der Entscheidung zu überzeugen.Ich erkläre euch, warum ich mich für diese Stakeholder-Maßnahmen entschieden habe.
3. Beraten
(Consult)
Ich (Vorgesetzter)Ich treffe die Entscheidung, nachdem ich mich mit dir beraten habe.Nach einer Abstimmung mit dem Team teile ich euch mit, welche Maßnahmen wir wie durchführen.
4. Einigen
(Agree)
Wir (Beide)Wir diskutieren und entscheiden gemeinsam.Wir diskutieren, welche Maßnahme wir für sinnvoll halten. Die Entscheidung treffen wir gemeinsam.
5. Beraten
(Advise)
Du (Mitarbeiter)Du triffst die Entscheidung, und ich stehe gern mit Rat und meiner Meinung zur Verfügung.Erarbeitet sinnvolle Stakeholder-Maßnahmen und fragt gern nach, wenn ihr auf Probleme stoßt.
6. Erkundigen
(Inquire)
Du (Mitarbeiter)Du triffst die Entscheidung, und ich frage nach, wie du entschieden hast.Erarbeitet sinnvolle Stakeholder-Maßnahmen. Ich melde mich, wenn ich mehr darüber wissen möchte.
7. Delegieren
(Delegate)
Du (Mitarbeiter)Du triffst die Entscheidung und musst mich nicht informieren.Ihr übernehmt die Planung der Stakeholder-Maßnahmen eigenverantwortlich.

Was ist ein Delegation Board?

Auf einem Delegation Board werden vertikal die verschiedenen Aufgaben bzw. Entscheidungen aufgelistet, horizontal die sieben Delegationsstufen. In jedem Schnittpunkt wird für alle deutlich markiert, wie weit die Befugnisse in diesem Bereich delegiert werden.

Der große Vorteil: Statt Entscheidungsbefugnisse in Dokumenten festzuhalten, die ohnehin niemand liest, werden alle Informationen für alle Teammitglieder anschaulich dargestellt. Jeder soll schnell erkennen können, welche Themen wie entschieden werden.

Ein Delegation Board für Delegation Poker

Wie läuft Delegation Poker ab?

Vorbereitung

Für Delegation Poker benötigt jeder Spieler ein Kartenset. Außerdem sollte ein Flipchart oder Whiteboard vorhanden sein, um die Szenarien zu sammeln und das Delegation Board grafisch darzustellen. Alternativ können dafür auch Software-Tools verwendet werden. 

Falls die Methode neu für das Team ist, sollten der Ablauf und die Regeln kurz erklärt werden. Kläre auch die Frage, wer die Moderation übernimmt. 

Szenarien festlegen

Szenarien sind Aufgaben oder Entscheidungssituationen, über die „gepokert“ werden soll. Schau dir folgendes Beispiel an:

Szenarien am Beispiel einer Marketing-Abteilung:

  • Festlegung von Zielgruppen
  • Genehmigung von neuen Inhalten für die Website
  • Verteilung des Marketing-Budgets auf verschiedene Kanäle
  • Entscheidung über Themen für das Unternehmens-Blog
  • Analyse der Ergebnisse von Marketingkampagnen
  • Recherche potenzieller Partner und Influencer
  • Abschluss von Verträgen mit Partnern

Die Frage lautet immer: „Wer darf was tun bzw. entscheiden?“

In diesem Beispiel will eine Führungskraft zu mehr Selbstorganisation im Team anregen. Ausgangspunkt ist ein Delegation Board, auf dem das Team bisher auf Anweisung gehandelt hat.

Ein Delegation Board als Ausgangsbasis für Delegation Poker

Pokern!

Jetzt geht das Spiel erst richtig los:

  1. Jedes Teammitglied bekommt ein Kartenset.
  2. Der Moderator benennt eines der definierten Szenarien.
  3. Jedes Teammitglied überlegt, welche Entscheidungsebene es wählen würde und wählt zunächst die entsprechende Karte verdeckt aus.
  4. Sobald alle sich entschieden habe, werden die Karten offengelegt.
  5. Nun folgt eine Diskussion, in der idealerweise eine Einigung erzielt wird. Hier gibt es zwei Möglichkeiten:
    • Entweder alle die Spieler mit der höchsten und niedrigsten Karte erläutern, warum sie sich für diese Ebene entschieden haben.
    • Oder jeder Spieler darf seine Wahl begründen.
  6. Falls in der Diskussion keine Einigung erzielt wird, wird eine neue Runde mit den Karten gespielt.

Ergebnis festhalten

Ein wichtiger Punkt, ohne den die Methode nur halb so effektiv ist: Dokumentiert die Ergebnisse aus der Poker-Session – schließlich sollen sie auch in ein paar Wochen noch für alle klar sein.

Die Dokumentation kann beispielsweise auf einem Delegation Board stattfinden – oder auch nur als Aktennotiz, wenn es um ein einzelnes Thema ging.

Vorteile von Delegation Poker

Was bringt dir Delegation Poker? Schau mal hier:

  • Mehr Klarheit: Jeder weiß genau, wer wofür zuständig ist und wie weit seine Entscheidungskraft reicht.
  • Spaßfaktor: Wir alle spielen doch gern, oder? Auch ernste Themen bekommen durch das Spielerische etwas Lockerheit.
  • Lernprozess: Durch Delegation Poker lernt das Team, gemeinsam Lösungen zu finden, statt auf Entscheidungen „von oben“ zu warten.
  • Weniger Mikromanagement: Du als Führungskraft kannst dich auf die wirklich wichtigen Aufgaben konzentrieren.
  • Mehr Vertrauen: Offenheit und Transparenz stärken das Vertrauen innerhalb des Teams.

Anders gesagt: Delegation Poker fördert die Selbstorganisation im Team, schafft Transparenz und entlastet Führungskräfte. Das Ergebnis? Ein motiviertes Team, das effizienter arbeitet und bessere Ergebnisse erzielt.

Tipps und Tricks

Um das Beste aus diesem Format herauszuholen, beachte folgende Tipps:

  • Psychologische Sicherheit: Sorge dafür, dass sich alle Teammitglieder wohlfühlen und ihre Meinung offen und ohne Sorge vor negativen Auswirkungen äußern können. Herrscht keine vertrauensvolle und respektvolle Atmosphäre, wird es effektives Delegieren schwierig.
  • Zeitrahmen: Management 3.0 empfiehlt, solange über einzelne Szenarien zu pokern, bis ein Konsens erreicht wurde. Wenn sich die Teammitglieder jedoch nicht einigen können, kann dies in der Praxis schnell den Zeitrahmen sprengen. Eine Verschiebung auf eine spätere Runde oder die Organisation einer umfassenderen Diskussion sind sinnvolle Alternativen.
  • Klare Formulierung: Je konkreter ein Szenario formuliert wurde, desto einfacher kann darüber diskutiert werden. Die Kunst: Formuliere so, dass die Rahmenbedingungen klar und mögliche Vor- und Nachbedingungen bekannt sind.
  • Informelle Nutzung: Nicht immer muss das Team für eine formelle Poker-Session zusammensitzen. Haben alle die Methode verstanden, können die 7 Delegationsebenen auch einfach als Hilfsmittel in Diskussionen genutzt werden („Lass uns Stufe 6 nutzen, Erkundigen!“).

Fazit

Als Projektmanager möchtest du dein Team zu mehr Eigenständigkeit und Selbstorganisation bringen? Dann ist es an der Zeit, effektiver zu delegieren – und Delegation Poker kann dir dabei helfen. Diese spielerische Methode von Management 3.0 klärt, wer was entscheiden darf, und schafft dadurch eine höhere Transparenz in der Zusammenarbeit. Das Ergebnis: Dein Team trifft schneller und sicherer Entscheidungen, und du kannst dich auf die wichtigen Dinge konzentrieren.

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