Auf einen Blick
Bevor ein Projekt ernsthaft gestartet wird, sollte die Projekthistorie betrachtet werden. Hierbei wird die Motivation hinterfragt, möglichst vergangene Fehler vermieden und das Rad nicht neu erfunden sowie Schlüsselpersonen identifiziert. Das Ziel: Mit möglichst fundierten Informationen ins neue Projekt starten.
Ein neues Projekt? Prima! Doch ist es wirklich neu? So richtig neu? Fast alle Projekte haben eine Geschichte:
Was ist die Projekthistorie?
Kurz gesagt: Die Projekthistorie umfasst alle Aktivitäten, die vor dem eigentlichen Projekt abgelaufen sind. Das können folgende Dinge sein:
- Vor der Umsetzung von Kundenprojekten laufen meist vertriebliche Prozesse.
- Forschungs- und Entwicklungsprojekten gehen oft Vorprojekte und Analysen voraus.
- Vor einigen Projekten laufen Machbarkeitsstudien ab.
- Nach dem Scheitern von Projekten werden häufig Anschlussprojekte durchgeführt.
- In vielen Unternehmen gibt es häufig thematisch sehr ähnlich gelagerte Projekte.
Sobald eine Historie erkennbar ist, sollte diese auch näher beleuchtet werden. Und das sind die Gründe dafür:
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Warum die Projekthistorie so wichtig ist
Die Motivation kennenlernen
Betrachtest du die Projekthistorie, kannst du viel schneller die eigentliche Motivation für die Durchführung eines Projektes erkennen. Eine Motivation, die über „Wir wollen das eben.“ hinausgeht.
Was soll also wirklich erreicht werden? Was war die Ursache für die Projektinitiierung? Ist es die fixe Idee eines Geschäftsführers oder die konsequente Umsetzung der neuen Unternehmensstrategie? Manchen Projekten liegen Probleme zu Grunde, die auf den ersten Blick nicht erkennbar sind.
Die Erkenntnisse lassen sich gut in die Projektziele einarbeiten oder können bei der Betrachtung der Stakeholder berücksichtigt werden.
Alte Fehler vermeiden
Besonders in Unternehmen, in denen häufig ähnliche Projekte durchgeführt werden, sollte das Lernen aus alten Fehlern fest in die Projektplanung integriert werden.
- Was ist vorher schief gelaufen?
- Wo gab es Probleme?
- Was können wir dieses Mal besser machen?
Im Rahmen der Risikoanalyse können diese Gedanken unglaublich nützlich sein!
Das Rad nicht neu erfinden
Was könnte an Kosten in Unternehmen eingespart werden, wenn doppelte Arbeit vermieden werden könnte? Wird die Projekthistorie betrachtet, lohnt es sich, auf die folgenden Fragen einzugehen:
- Wurden ähnliche Themen schon vorher behandelt?
- Können Erkenntnisse und Ergebnisse auch im aktuellen Projekt verwendet werden?
- Auf welchen Ergebnissen lässt sich aufbauen?
Schlüsselpersonen identifizieren
In Vorprojekten oder ähnlich gelagerten Projekten gab es ganz sicher Schlüsselpersonen:
- Mitarbeiter, die eine große Menge an fachlichem Wissen angehäuft haben
- Machtpromotoren, die das Projekt vorangetrieben haben
- Meinungsmacher, die das Projekt beeinflusst haben
- Quertreiber, die das Projekt behindert haben
Auch hier gilt: Von Erfahrungen kann profitiert werden.
Fazit
Wie also kannst du sicherstellen, dass die Projekthistorie ausreichend betrachtet wird? Die schlechte Nachricht ist: Es macht Arbeit. Die gute Nachricht: Es liegt in deiner Hand!
In der Initiierungsphase des Projektes ist es deine Aufgabe, dieses Thema zu beleuchten. Wie so häufig gilt: Mach keine Wissenschaft daraus. Wichtig ist nur, dass es überhaupt erledigt wird. Um die Historie nicht zu vergessen, gibt es im Projektsteckbrief ein Feld für die „Ausgangssituation“, in der diese Informationen aufgenommen werden können.
Weiterhin ist es eine gute Idee, eine Lessons Learned-Runde nicht nur zum Abschluss, sondern gerade zu Beginn eines neuen Projektes durchzuführen. In dieser Phase ist die Motivation für diese Gedanken nämlich viel größer, als am Ende eines Projektes, wenn die meisten schon mit ihren Gedanken woanders sind.
Also ich habe da noch eine ganz eigene Projektdisziplin entdeckt: Projektarchäologie!
Wer auch schon mal in die Verlegenheit gekommen ist in Projektunterlagen vergangene Entscheidungen oder Dokumentationen zu rekonstruieren weiß, was ich meine…
Projektarchäologie kann in der Tat äußerst mühsam sein – sehr schöner Begriff :-)
Hallo Andrea,
interessanter Aspekt. Habe ein weiteres Beispiel für Dich, wo es Sinn macht, die Historie eines Projekts zu kennen:
Was macht man, wenn man bei einem Projekt bemerkt, dass Zeit oder Geld ausgehen? Viele erweitern den Projektscope. Das ist toll: für die neuen Features (z.B. IT-Projekte) gibt’s mehr Zeit und mehr Geld. Jetzt muss man nur in einer neuen Aufgabe sein, bis offensichtlich wird, dass das neue Projekt-Setup nicht zum Ziel führt. Den Scherbenhaufen soll der neue Projektleiter zusammenkehren. Oder seinerseits den Scope erweitern.
Bestes Beispiel, das ich beobachten durfte:
– Ursprungsprojekt: 2 Mio DM
– Zwischenstufen: 20 Mio DM, 400 Mio DM
– Mittlerweile investiert: über 1 Mrd €
Wenn der potenzielle neue Projektleiter erkennt, dass ein Projekt, das er übernehmen soll, eine Historie als viel kleineres Projekt hat, dann sollte er sich also intensiv mit der Ursache befassen und sich fragen, ob er der Richtige ist, die potenziellen Probleme in diesem Projekt zu lösen.
Gruß
Peter