Auf einen Blick
Die Punktabfrage (auch: Dot Voting, Dotmocracy, Multi Voting) ist eine einfache und effektive Methode zur Entscheidungsfindung. Nachdem Ideen bzw. Optionen auf Karten visualisiert wurden, verteilt jeder Teilnehmer Punkte auf seine favorisierten Ideen. Die Methode eignet sich besonders gut für schnelle Gruppenentscheidungen und zur Priorisierung in Teams.
Eine schnelle Entscheidung im Team muss hier? Diskussionen verlaufen im Kreis? Verschiedene Optionen scheinen gleichwertig? Du möchtest ein Stimmungsbild aus deinem Team einholen? Dann ist die Punktabfrage eine einfache Methode, mit der du schnell Klarheit in eine Situation bringst.
Was ist die Punktabfrage?
Die Punktabfrage (auch: Dot Voting, Dotmocracy, Multi Voting) ist eine einfache und effektive Methode zur Entscheidungsfindung. Nachdem Ideen bzw. Optionen auf Karten visualisiert wurden, verteilt jeder Teilnehmer Punkte auf seine favorisierten Ideen. Die Methode eignet sich besonders gut für schnelle Gruppenentscheidungen und zur Priorisierung in Teams.
Die Punktabfrage wird in folgenden Szenarien eingesetzt:
- Auswahl und Priorisierung von Aufgaben oder Projekten
- Entscheidungsfindung bei der Auswahl von Ideen oder Konzepten
- Bewertung von Optionen oder Lösungen
- Einholen von Feedback und Meinungen in Workshops und Gruppen
Ablauf der Punktabfrage am Beispiel
Das Beispiel im Überblick
Das Team eines lokalen Jugendzentrums möchte neue Ideen entwickeln, um Kinder und Jugendliche zu mehr sportlicher Aktivität zu motivieren. Das Ziel: Ideenfindung und Auswahl der besten Idee, die als Nächstes umgesetzt wird. Statt langer Diskussionen soll eine einfache Punktabfrage durchgeführt werden, um schnell ein Meinungsbild zu erfassen.
1. Vorbereitung
Die Punktabfrage ist leicht durchzuführen, trotzdem ist wie bei (beinahe) allen Methoden zumindest ein wenig Vorbereitung nötig:
- Fragestellung klar formulieren: Alle sollten genau wissen, worüber abgestimmt wird. Im Beispiel lautet die Frage: „Welche Maßnahme setzen wir als Nächstes um, um unsere Jugendlichen zu mehr Bewegung zu motivieren?“
- Teilnehmer festlegen: An der Abstimmung nehmen 5 Personen teil – die Teamleiterin und vier Betreuer.
- Moderator bestimmen: Die Teamleiterin übernimmt die Moderation, da sie schon häufig Punktabfragen durchgeführt hat.
- Material bereitstellen: Für ein Dot Voting werden traditionell Moderationskarten und Stifte benötigt, außerdem Punktaufkleber. Alternativ kann die Methode an einem Whiteboard oder in einem Online-Tool durchgeführt werden.
Alle sind bereit!
2. Ideenfindung
Im ersten Schritt findet ein Brainstorming statt, in dem erste Ideen gesammelt werden. Der Moderator hält die Ideen auf den Moderationskarten fest.
Unser Beispiel-Team im Jugendzentrum hat die folgenden sechs Ideen gesammelt und auf Karten notiert:
Zugegeben: Dieses Beispiel ist etwas konstruiert, schließlich hätte unser kreatives Team in der Realität deutlich mehr Ideen gesammelt. Doch für mehr Übersichtlichkeit gehen wir von nur wenigen Ideen aus.
3. Punktevergabe
Jetzt wird es spannend: Jedes Teammitglied enthält die gleiche Anzahl von Punkten, die auf die einzelnen Ideen verteilt werden können. Dabei können alle Punkte auf eine Idee gesetzt oder auf mehrere verteilt werden. In diesem Schritt wird nicht diskutiert oder begründet – jeder bildet sich seine eigene Meinung und platziert seine Punkte.
Im Beispiel sieht das Bild nach der Punktevergabe so aus:
4. Auswertung
Was sind die Favoriten? Nachdem alle ihre Punkte vergeben haben, zählt das Team die Punkte bei jeder Idee. Die Idee mit den meisten Punkten hat gewonnen und wird offenbar vom Team bevorzugt. Im Beispiel hat der Hindernisparkour die meisten Punkte erhalten, gefolgt vom Fußballturnier.
Aber ist das schon das Ende der Methode? Das wäre schlecht, denn einer ersten Punktabfrage blind zu vertrauen, könnte zu Fehlern führen – es braucht eine Diskussion!
5. Diskussion
Eine Punktabfrage ist meist nur dann mit einer einfachen Abstimmung erledigt, wenn die Alternativen wenig komplex sind und kaum diskutiert werden müssen. Häufig folgt jedoch eine Diskussion, in der das Ergebnis näher betrachtet wird:
- Was bedeutet das Ergebnis für die Praxis?
- Wussten alle Teilnehmer, worüber sie genau abstimmen?
- Welche Bedingungen sind in die Abstimmung eingeflossen?
Im Beispiel hatte der Hindernisparkour die meisten Punkte erhalten. Was nach einem eindeutigen Ergebnis aussieht, stellt sich in der Diskussion jedoch schnell als knifflig heraus: Wo soll der Parkour entstehen? Welche Hindernisse? Wie sieht es mit der Sicherheit aus? Das Team stellt fest: Es hat nach „Das klingt spannend!“ abgestimmt, nicht nach „Was ist einfach umsetzbar?“ Aus diesem Grund wird eine zweite Punktabfrage durchgeführt, bei dem die Abstimmungskriterien klarer formuliert werden: Was macht unseren Jugendlichen am meisten Spaß und ist für uns einfach umsetzbar? Das Ergebnis sieht nun anders aus:
Du siehst: Es geht nicht darum, die Idee mit den meisten Punkten blind zu wählen, sondern auch praktische Überlegungen einfließen zu lassen und verschiedene Perspektiven zu berücksichtigen.
6. Entscheidung und Planung
Das Dot Voting war nur dann komplett erfolgreich, wenn auch eine Entscheidung getroffen wurde und nächste Schritte vereinbart wurden.
Im Beispiel hat das Team eine transparente Entscheidung für die nächste Initiative getroffen: Der Tanz-Workshop hat die höchste Zustimmung im Team, passt zu den Interessen der Jugendlichen und verursacht einen vergleichsweise geringen Aufwand. Die anderen favorisierten Ideen (Hindernisparkour und Fußballturnier) werden weiter verfolgt und zu einem späteren Zeitpunkt neu diskutiert.
Wichtige Tipps
Um möglichst viel aus deiner Punktabfrage herauszuholen, haben wir noch ein paar Tipps für dich. Je nach Gruppengröße und Anzahl von Optionen können unterschiedliche Tipps für dich sinnvoll sein – pick dir einfach die passenden heraus.
- Ideen clustern: Eine große Anzahl von Ideen kann gruppiert werden, um thematische Präferenzen zu entdecken.
- Nicht nur Punkte: Trotz des Namens der Methode musst du nicht zwingend Punkte verwenden. Die Teilnehmer können beispielsweise ihre Favoriten auch mit Kreuzen oder Häkchen mit einem Stift an einem Whiteboard markieren.
- Kriterien klar formulieren: Alle sollten genau wissen, wofür sie abstimmen und welche Kriterien für die Entscheidung gelten. Vielleicht größte Erfolgsaussichten? Geringster Aufwand? Höchster Spaßfaktor bei der Umsetzung? Sind diese Kriterien nicht klar, können inkonsistente Ergebnisse entstehen.
- Ideen eingrenzen: Dein Team ist besonders kreativ und hat viele Ideen gesammelt? Dann kann es sinnvoll sein, zwei separate Abfragen durchzuführen, wobei die erste dazu dient, die Ideen auf die Favoriten einzugrenzen.
- Unterschiedliche Farben verwenden: Du kannst Punkte in mehreren Farben verteilen, um differenziertere Bilder zu erhalten. Dabei sollte jedem klar sein, was die Farben bedeuten. Zwei Beispiele siehst du in den folgenden Grafiken: Einmal konnte jeder Teilnehmer die Ideen nach unterschiedlichen Kriterien (Spaß und Aufwand) bewerten. Im zweiten Beispiel konnten die Teilnehmer nicht nur für ihre Favoriten abstimmen, sondern auch Negativ-Punkte vergeben. Auf diese Weise können weitere Erkenntnisse gewonnen werden, beispielsweise ob Ideen sehr kontrovers betrachtet werden.
- Keine neuen Ideen hinzufügen: Sobald die Abstimmung begonnen hat, sollten keine weiteren Optionen hinzufügt werden – das würde das Bild verfälschen.
- Die richtige Anzahl von Punkten wählen: Wie viele Punkte sollte jeder Teilnehmer überhaupt bekommen? Hierfür gibt es mehrere Ansätze und keine eindeutige Antwort. Ein paar Anregungen:
- Die Anzahl der Punkte pro Teilnehmer sollte etwa einem Viertel der verfügbaren Optionen entsprechen.
- In diesem Artikel wird eine Formel vorgeschlagen: N=[(T/2)xT]/P (T=Anzahl der Themen, P=Anzahl der Teilnehmer, N=Anzahl von Punkten pro Teilnehmer).
- Oder eine allgemeine Angabe von 3-5 Punkten pro Teilnehmer.
- Regeln festlegen: Überlege schon vorher, wie mit Gleichstand oder unklaren Ergebnissen umgegangen wird.
Fallstricke
So einfach die Punktabfrage auch ist: Auch diese Methode hat ihre Fallstricke. Einen ausführlichen Artikel findest du unter diesem Link: Dotmocracy is Broken
Ein paar Beispiele haben wir uns herausgegriffen:
- Vermeiden von Groupthink und HIPPO (Highest Paid Persons Opinion): Was ist, wenn du als Letztes deine Punkte vergeben sollst, und die Meinung der Gruppe bereits offensichtlich ist? Was, wenn der selbstsichere Vorgesetzte alle seine Punkte begeistert auf eine Option geklebt hat? Beim Dot Voting besteht die Gefahr, sich der Meinung Einzelner oder der gesamten Gruppe anzupassen. Ein möglicher Ausweg: Lass alle Teilnehmer ihre geplante Abstimmung vorher auf einem Blatt Papier notieren, um unbeeinflusst die Punkte zu vergeben.
- Zu viele Optionen: Stell dir vor, du musst zwischen 50 Ideen wählen – nicht einfach! Führe die Abstimmung am besten in mehreren Runden durch und grenze auf die favorisierten Ideen ein.
- Vote Splitting bei ähnlichen Optionen: Schau dir folgendes einfaches Beispiel an. Der Tanz-Workshop und Hip-Hop sind thematisch ähnlich, verlieren aber einzeln gegen den Hindernisparkour. Vermutlich hätte ein „Tanz- und Hip-Hop-Workshop“ allerdings gewonnen.
- Ideen mit unterschiedlicher Komplexität: Dot Voting ist besonders dann aussagekräftig, wenn die Ideen eine ähnliche Komplexität aufweisen. Aber stell dir vor, du musst dich zwischen „Kaffeepause“ und „Weltreise“ entscheiden – schwierig!
- Unklare Aussagekraft: In der Praxis sagt die Farbe der Punkte in der Regel nichts über die abstimmende Person aus, trotzdem zeigen wir es an einem Beispiel: Hier hat Tim sehr begeistert für den Hindernisparkour gestimmt, während der Tanz-Workshop eine breitere Akzeptanz in der Gruppe findet. Hätten alle die gleiche Farbe, könnte diese Verteilung nicht abgelesen werden.
Fazit
Die Punktabfrage ist eine simple Methode mit vielfältigen Einsatzmöglichkeiten zum kollektiven Entscheiden in Gruppen. Wie immer: Sei dir der Fallstricke bewusst und achte darauf, alle Teilnehmer gut anzuleiten – dann klappt es auch mit schnellen Stimmungsbildern und Entscheidungen.
Fragen und Antworten
Hierfür gibt es mehrere Ansätze und keine eindeutige Antwort. Ein paar Anregungen:
Die Anzahl der Punkte pro Teilnehmer sollte etwa einem Viertel der verfügbaren Optionen entsprechen.
In diesem Artikel wird eine Formel vorgeschlagen: N=[(T/2)xT]/P (T=Anzahl der Themen, P=Anzahl der Teilnehmer, N=Anzahl von Punkten pro Teilnehmer).
Oder eine allgemeine Angabe von 3-5 Punkten pro Teilnehmer.
Idealerweise wird vorab bestimmt, was in einem solchen Fall passiert. Häufig findet eine erneute Abstimmung zwischen den Favoriten statt.
Es gibt verschiedene Online-Tools (z. B. Miro oder Dotstorming), mit denen auch verteilt arbeitende Teams Dot Voting durchführen können.
Typische einfache Methoden zur Abstimmung und Entscheidungsfindung sind Fist of Five oder Thumb Voting. Auch eine Nutzwertanalyse kann je nach Thema sinnvoll sein, wenn auch etwas aufwändiger.